Wer hat an der Uhr gedreht?

Die Zeit vergeht schneller als ich es fassen kann. Der Gedanke, dass mir nur noch gut 1 Monat hier im Kongo bleibt, erfüllt mich mit Schrecken. Seit meinem letzten Blogeintrag hat sich vieles verändert und mein Alltag wurde komplett auf den Kopf gestellt, denn seit schon wieder 4 Wochen ist kein Unterricht mehr. Und unterrichten war ja immerhin meine Hauptaufgabe. Was aber nicht heißen soll, dass ich jetzt nichts mehr arbeite, im Gegenteil, es gibt immer viel zu tun. Über alles, was sich in letzter Zeit  so getan hat, möchte ich euch in diesem Blogeintrag berichten.

 

Lesenacht

 

Mit den Schülern unseres Literaturclubs, den wir mit Schülern des Colleges einmal in der Woche machten,  veranstalteten Lydia und ich am Ende des Schuljahres eine Lesenacht, unterstützt wurden wir von drei Jugendlichen aus der Pfarre, was Technik und Küche angeht. Beginnen sollte das ganze Samstagnachmittags um 14 Uhr. Leider kamen von den 50 teilnehmenden Schülern viele erst mit 2 Stunden Verspätung, so mussten wir spontan unser Programm ein wenig umplanen. Begonnen wurde mit Theater- und Tanzaufführungen, die die Schüler im Vorhinein vorbereitet hatten. Anschließend war der wichtigste Programmpunkt einer Lesenacht: die Zeit zum Lesen. Dazu hatten wir zahlreiche Bücher aus der Bibliothek des französischen  Kulturzentrums in Pointe Noire ausgeborgt. Als es schließlich um 18h30 dunkel wurde, setzten wir mit einer Singstunde fort, die natürlich nie fehlen darf. Dabei unterstützte uns der Direktor der Schule Père Jerry, der Musik liebt und dieses Jahr gemeinsam mit Kindern seine zweite CD herausgebracht hat. Danach sollten wir eigentlich Abendessen, doch leider war das Essen noch nicht fertig. So wurde die Singstunde verlängert und die Schüler berichteten von den Büchern, die sie gelesen hatten. Nach dem Essen wurden schließlich Preise an jene Schüler vergeben, die am meisten gelesen hatten. Eigentlich wollten wir als Abschluss des Abends einen Film anschauen, jedoch war es inzwischen 23 Uhr und alle waren so müde, das wir uns direkt in die Schlafsäle begaben. Das heißt zwei Klassenräume, wo am Boden Matratzen ausgebreitet wurden. Nach einer kurzen Nacht standen wir am nächsten Tag um fünf Uhr zur Dusche auf (jeder hatte seinen eigenen Kübel mitgebracht). Fünf Uhr ist ja ziemlich früh, aber um sechs Uhr beginnt sonntags die erste Messe und die hätten wir sonst gestört. Nach Frühstück, putzen und zusammenräumen beendeten wir die Lesenacht mit einer gemeinsamen Messe. 

Abschied

Mit Schulschluss begann zu meinem Entsetzten schon das Abschied nehmen. So musste ich mich  schon von meinen vielen Schülerinnen und Schülern verabschieden. Auch wenn das Unterrichten nicht immer leicht war, war ich trotzdem traurig, als die letzte Schulstunde vorbei war. Vieles wird mir nicht fehlen, aber noch viel mehr wird mir fehlen! So verbrachten wir doch unzählige schöne und zufriedenstellende Stunden gemeinsam! Noch schwerer fiel mir der Abschied von den Burschen aus dem Straßenkinderheim, für die ich ein Jahr lang große Schwester war. Als Abschluss übernachteten wir bei ihnen im Straßenkinderheim und verbrachten einen Abend mit Fotos anschauen, spielen und quatschen über Gott und die Welt. So sprachen wir von Themen wie „Wer schuf die Welt und wer schuf Gott“ bis zu Beschneidung (im Kongo sind alle Burschen und Männer beschnitten, und dass das nicht überall auf der Welt so ist, erscheint vielen hier komisch und unglaubwürdig). Dieses beginnende Abschied nehmen zeigt mir untäuschbar, dass meine Tage hier im Kongo gezählt sind.

 

Brazzaville

 

Nachdem die letzten Prüfungen vorbei waren, nutzten wir unsere neugewonnene Freiheit, um  nach Brazzaville zu reisen. Gemeinsam mit zwei Freunden entdeckten wir eine Woche lang die Hauptstadt des Kongos. Während wir hin 40 Minuten flogen, nahmen wir auf der Rückreise den Zug. Um 17 Uhr machten wir uns auf dem Weg in Brazzaville, um am nächsten Morgen um 10 Uhr in Pointe-Noire anzukommen. Die Züge sind sehr modern ausgestattet, Unterschied zu einem europäischen Zug sind eigentlich nur die fehlenden Steckdosen und kein Wifi. Was uns sofort auffiel, war die Sauberkeit der Stadt. Im Gegensatz zu Pointe-Noire, waren die Straßen frei von Müll und zu unserem großen Erstaunen gibt es alle paar Meter eine Mülltonne! Brazzaville ist auch  die politische Hauptstadt des Kongos, so spürte man die verstärkte Militär- und Polizeipräsenz, und wir sahen unzähligen Regierungsgebäude und Botschaften. Brazzaville liegt am Fluss Kongo, so kann man von Brazzaville aus rüberschauen zur Hauptstadt des anderen Kongos, Kinshasa. Kinshasa und Brazzaville sind die beiden am nähesten zusammenliegenden Hauptstädte der Welt. „Nur“ der Fluss als Grenze – doch ein enormer Fluss, so ist er zwischen Brazzaville und Kinshassa in etwa drei Kilometer breit! Mein persönliches Highlight war, als wir mit einem kleinen Boot zu einer Insel am Fluss rüberruderten, wo wir dann im Fluss Kongo badeten!  Doch ich möchte nun ein paar Fotos sprechen lassen, für alles was wir sahen und erlebten!

Camp des animateurs

4 Tage lang waren wir auf einem Ausbildungs- und Vorbereitungscamp mit 60 Jugendlichen aus unserer Pfarre. Diese Tage waren der Vorbereitung des restlichen Ferienaktivitäten, und vor allem der Ausbildung gewidmet. Dazu fuhren wir nach Matombi, ein naheliegendes Dorf am Meer. Die Tage waren gefüllt mit Ausbildungen zu Themen wie: Was ist ein Ferienlager? Wie organisiert man ein Ferienlager?, Wie schützt man Kinder vor Gefahren? Wie beschäftigt man Kinder? und noch viel mehr. Natürlich kam auch der Spaß nicht zu kurz, so verbrachten wir einen Nachmittag am Strand und veranstalteten einen kulturellen Abend mit Tanz, Musik und Theatervorführungen. Das Problem, dass der dortige Wasserspeiche aufgebraucht war, wurde auch ohne Schwierigkeiten gelöst, so gingen wir zwei Mal täglich mit Kübel und Seife zum nahegelegenen Bach zum Waschen und zum Abwaschen wurden Wasserkanister eingekauft. Meine Aufgabe während des Camps war zusätzlich Bild- und Tontechnik, das heißt Beamer, Leinwand (auf Bäumen aufgehängtes Leintuch), und Musikanlagen auf- und abbauen. Insgesamt war die Stimmung genial und nach 4 Tagen kamen wir müde und erschöpft mit Verspätung (wie so oft kam der letzte Bus drei Stunden zu spät um uns abzuholen) nach Pointe-Noire zurück.

Was sich sonst so tut

Wenn wir nicht gerade irgendwo unterwegs sind, verbringen wir unsere Zeit im Straßenkinder-Tagesheim, das von den Salesianern vor eineinhalb Jahren eröffnet wurde. Täglich kommen dorthin zwischen 10 und 15 Burschen, die auf der Straße leben. Dort haben sie die Möglichkeit ihre Kleidung und sich selbst zu waschen, zu schlafen und zu essen. Wenn ich dort bin, spiele ich verschiedene Spiele mit den Burschen, wir zeichnen oder basteln; oder manchmal versuche ich mich auch in Alphabetisierung. Wichtig ist einfach, Zeit mit den Burschen zu verbringen, die ein hartes Leben voll Gewalt leben. In diesem Tagesheim wird versucht, die Burschen wieder in die Gesellschaft einzugliedern und an einen geregelten Alltag zu gewöhnen. Ziel ist, eine dauerhafte Bleibe für die Burschen zu finden, sei es in ihren Familien oder in einem Wohnheim.

 

Langweilig wird mir also sicher nicht, die Zeit rinnt und vergeht mir einfach viel zu schnell!

 

Alles Liebe aus Pointe-Noire!

 

 

PS: Lydia hat vor kurzem einen tollen Artikel über Kulinarik geschrieben. Ist echt empfehlenswert, den auch zu lesen! 

 

 

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Eine Woche Volo-Alltag

Ich bin vor kurzem draufgekommen, dass ich euch eigentlich noch nie einen Tagesablauf von mir hier im Kongo beschrieben habe. Jedoch schaut bei mir irgendwie jeder Tag verschieden aus, so habe ich beschlossen euch eine Woche in meinem Volo-Alltag mitzunehmen, auch wenn mein Programm teilweise von Woche zu Woche unterschiedlich ist.

 

Sonntag, 08.05.2016: Heute kann ich mal etwas länger schlafen. Erst um ca. 8 Uhr mache ich mich auf in die Pfarre. Dort hab ich Zeit zum Frühstücken und Kurs vorbereiten, den ich später halten werde. Um halb 10 gehe ich in die englische Messe. Normalerweise singe ich im Chor, nur hatte ich es die Woche zuvor leider nie in die Probe geschafft, so bin ich heute nur Messbesucher. Nach der Messe geht es gleich ab zum Unterricht: Lydia und ich geben jeden Sonntagvormittag einen Deutsch- und Englischkurs. Lydia ist jedoch diesen Sonntag beim Abschlussfest des Oratoriums, so halte ich auch ihren Teil des Kurses. Dieser Kurs ist eine spannende Abwechslung zum normalen Unterricht, da alles Teilnehmer echt motiviert und interessiert sind. Anschließend mache ich mich verspätet auf zum Abschlussfest des Oratoriums, das in einer Außenstelle der Pfarre (Côte Mateve) stattfindet. In Côte Mateve sind also die Kinder von vier Oratorien versammelt (von den drei verschiedenen Stellen unserer Pfarre und von den Salesianer-Schwestern). Wie bei Festen üblich wird also gegessen, gespielt, getanzt und gefeiert. Abends treffe ich mich schließlich noch mit Freunden. Wir gehen spazieren im Viertel, setzen uns gemütlich zusammen und quatschen bis tief in die Nacht, ich hab schließlich am nächsten Tag frei.

 

Montag, 09.05.2016: Montag ist unser freier Tag. Irgendwie habe ich es in letzter Zeit aber verlernt, lange zu schlafen. So stehe ich trotzdem um 7 Uhr auf. Ich nutze den Vormittag dazu, Tests und Hausübungen zu korrigieren, Unterricht vorzubereiten, ein bisschen zusammen zu räumen, aber auch zum Lesen. Mittags treffe ich mich mit einem Freund in der Stadt. Zur Abwechslung  gehen wir mal Pizza essen. Anschließend gehe ich an den Strand, wo es montags immer schön ruhig ist. Ich gehe spazieren und genieße es, von niemandem gestört zu werden. Nach Sonnenuntergang (hier immer um ca. halb 7) fahre ich schließlich nach Hause, wo wir noch Besuch von Freunden bekommen.

 

Dienstag 10.05.2016: Kurz vor halb 7 geht’s auf in die Pfarre zur alltäglichen Messe. Dienstags sogar auf Französisch. Gleich nach der Messe beginnt für mich der Unterricht, 1. Stunde Englisch in der Volksschule. Nach einer kurzen Frühstückspause geht es weiter mit einer Doppelstunde Englisch in der Berufsschule. Die darauffolgende Pause nutze ich dazu, Prüfungs-Termine aus zu checken, mit verschiedenen Lehrern zu sprechen und noch die letzte Unterrichtsstunde für heute vorzubereiten: Englisch in der Abschlussklasse der Berufsschule. Diese Schüler machen in 3 Wochen ihre Abschlussprüfung und haben keine Lust mehr auf Unterricht, so habe ich heute statt 14 nur 3 Schüler. Das erhöht zumindest für mich die Gemütlichkeit des Unterrichts. Gleich danach gibt es Mittagessen und anschließend mache ich mich auf zu den Salesianer-Schwestern, deren Projekt ca. eine halbe Stunde zu Fuß von der Pfarre weg liegt.  Einmal in der Woche kümmern Lydia und ich uns hier um die Bibliothek. Heute kommen nur zwei Schüler zum Bücher ausborgen und lernen, so bleibt mir genug Zeit um auch noch die Tests zweier Klassen zu korrigieren. Um ca. 17 Uhr 30 machen wir uns auf den Rückweg in die Pfarre. Abends gehe ich dann noch zur Chorprobe, ehe ich mich um 20 Uhr auf den Heimweg mache.

 

Mittwoch, 11.05.2016: Nach der morgendlichen Messe um halb 7 helfe ich beim Frühstückstisch decken und habe auch Zeit zum Frühstücken, denn heute beginnt für mich der Unterricht erst um 8 Uhr, und zwar Englisch in der Berufsschule. Normalerweise habe ich anschließend Deutschunterricht im College, jedoch fällt der heute aus, da Probetests für die Abschlussklassen des Colleges stattfinden. So verbringe ich die Zeit bis zum Mittagessen damit, Aufsicht bei diesen Prüfungen zu führen, was bis auf kleine Schummel-Versuche relativ unspektakulär verläuft. Nach dem Mittagessen gehen Lydia und ich gemeinsam in das Straßenkinderheim, das ungefähr eine halbe Stunde zu Fuß von der Pfarre entfernt liegt. Jeden Mittwochnachmittag helfen wir den Burschen beim Hausübung machen und lernen, oft spielen wir auch Fußball, Basketball oder andere Spiele. Kurz vor 6 machen wir uns auf den Heimweg. Mittwochabend habe ich frei, und so beschließen wir diesen Mittwoch zu einem Konzert im französischen Kulturzentrum in der Stadt zu fahren.

 

Donnerstag, 12.05.2016: Heute fange ich wieder gleich um halb 8 mit dem Unterricht an, und zwar Englisch in der Volksschule. Danach habe ich Zeit zum Frühstücken, und anschließend wieder Englischunterricht in der Volksschule. Bis zum Mittagessen bleibt mir ein bisschen freie Zeit, die ich dazu nutze, Unterrichtsstunden vorzubereiten und Hausübungen zu korrigieren. Nach dem Mittagessen habe ich erneut Unterricht, dieses Mal Englisch in der Berufsschule.  Normalerweise wäre dann von 15 Uhr bis 17 Uhr der von Lydia und mir geleitete Literaturclub mit SchülerInnen des Colleges, jedoch fällt der diese Woche aus (wie am Mittwoch hat das College wegen der Probetests keine Schule). So bleibt mir Zeit, diesen Blogeintrag zu schreiben zu beginnen. Abends schließlich treffen Lydia und ich uns mit der Verantwortlichen des Französischen Kulturzentrums,  um Details für einen Besuch ebendort mit unseren Schülern abzuklären.

 

Freitag, 13.05.2016: Auch heute starte ich um halb 8 mit dem Unterricht, und zwar wieder in der Volksschule. Anschließend habe ich Zeit zum Frühstücken und Unterricht vorbereiten. Außerdem treffe ich mich mit dem Schuldirektor Père Jerry, um Details für einen bevorstehenden Schülerausflug und die Lesenacht zu besprechen. Danach habe ich Deutschunterricht im College, und kann somit erst verspätet Mittagessen. Nachmittags gehen wir ins Straßenkinderheim, wieder um den Burschen bei der Hausübung zu helfen, aber auch zum Spielen. Meistens sind wir nur einmal in der Woche im Straßenkinderheim, wenn es sich zeitlich ausgeht auch manchmal zweimal. Abends treffen wir uns mit einer deutschen Bekannten (es ist schön, wieder mal mit jemand anderem Deutsch zu reden!), um gemeinsam in eine Theateraufführung von Schülern der französischen Privatschule Pointe-Noires zu gehen. Die Aufführung hat mich echt beeindruckt, und dasselbe Stück sah ich schon mal bei einer Schultheateraufführung in Schlierbach, was mich echt gewundert, aber gefreut hat.

 

Samstag, 14.05.2016: Samstags ist hier zwar auch Schule, aber ich unterrichte samstags nicht. Wenn nicht gerade irgendeine andere Aktivität oder ein Fest in der Pfarre ist, helfe ich der Köchin der Communauté Scarlene beim Kochen. So auch diesen Samstag. Richtig Zeit zum Mittagessen habe ich heute gar nicht, da Lydia und ich gemeinsam mit 20 Schülern des Colleges aus unserem Literaturclub ins französische Kulturzentrum in der Stadt fahren. Dort bekommen wir eine kleine Führung durch das Institut, am wichtigsten ist dabei die Kinder- und Jugendbibliothek. Hier an gute Bücher zu kommen, ist nämlich nicht so leicht. In unserer Schule gibt es zwar eine Bibliothek, jedoch sind viele der Bücher veraltet und somit für die Schüler uninteressant. So hoffen wir, dass die Schüler in der Bibliothek des französischen Kulturzentrums mehr auf ihren Geschmack kommen. Am späten Nachmittag kommen wir in die Pfarre zurück, wo diesen Samstag ein besonderes Ereignis stattfindet: das ewige Gelübde zweier Schwestern, von denen eine ursprünglich aus unserer Pfarre stattfand. Die Zeremonie wird vom Bischof Pointe-Noires durchgeführt und dauert über zwei Stunden, begleitet von circa 25 Priestern, zahlreichen Ordensleuten, dem größten Chor unserer Pfarre, vielen Ministranten und den Elisas (die Mädls, die bei Festen in der Kirche tanzen). Anschließend gab es für viele geladene Gäste ein Festessen. Als die Feier aus ist, mache ich mich auf zur Geburtstagsfeier eines Freundes. Spontan lasse ich mich dort dann von einigen Jugendlichen aus der Pfarre und dem Praktikanten der Salesianer Frère Alain überreden, mit ihnen zu einer Gebets-Nachtwache zu Pfingsten in einer anderen Pfarre zu fahren. Dort sind schließlich tausende Leute, um gemeinsam zu beten, zu singen, den Predigten zu zuhören, viele schlafen auch zwischendurch. Beendet wurde das Ganze mit einer Messe am frühen Morgen, so lange war ich jedoch nicht dort, ich musste schließlich am darauffolgenden Tag arbeiten. 

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Von Präsidentschaftswahlen, Ostern und anderen Städten

Am 20. März war also der gefürchtete Tag gekommen: die Präsidentschaftswahlen. Schon seit Wochen war die Stadt überfüllt mit Wahlwerbungsplakaten der insgesamt neun Kandidaten. An jenem Tag schließlich war wieder „ville morte“ (=“tote Stadt“). Das heißt kein Verkehr, kein Markt und alle Geschäfte blieben geschlossen. Fortbewegen darf man sich ausschließlich zu Fuß. Was die katholische Kirche und auch die Salesianer sehr geärgert hat, war, dass die Wahlen genau am Palmsonntag waren. Beim Referendum im Oktober waren ja schließlich alle Messen verboten worden (ich hab damals auf meinem Blog darüber berichtet). So setzten sich schon lange vor den Wahlen die Bischöfe im Kongo dafür ein, dass an besagtem Wahlsonntag trotzdem Messen sein dürfen, es ist ja immerhin der Beginn der Karwoche. Das gelang auch, trotzdem wurden in unserer Pfarre statt den üblichen fünf Sonntagsmessen nur drei durchgeführt, davon eine schon am Vorabend.

 

Nichts desto trotz war die Palmsonntagsmesse wunderschön. Schon in den Tagen davor wurden überall Palmzweige verkauft. Nichts da mit den kleinen Palmbuschen die ich aus Österreich kenne: Hier gibt es schöne große Palmzweige. Viele machten sich sogar die Mühe, diese wundervoll zu flechten. Also nach einer Segnung vor der Kirche draußen ging es ab in die Kirche zur Messe. Prinzipiell unterschied sich die Messe nicht so sehr von anderen Messen, bis auf die tanzenden Palmzweige. Bei einigen Liedern wurde freudig gesungen und mit den Palmzweigen in der Luft getanzt. Dieses Bild werde ich nicht so schnell vergessen: die ganze Kirche voll mit tanzenden Palmzweigen! Auch von der Länge überschritt die Messe nicht andere Messen. Wegen der Wahlen wollten die Menschen, die überhaupt gekommen waren (viele blieben gleich den ganzen Tag zu Hause), so schnell wie möglich nach Hause.

Bis auf das, dass das Handynetz und das mobile Internet fünf Tage gesperrt waren, gingen die Wahlen halbwegs problemlos vorüber. Die Angst war trotzdem spürbar, in den ersten Tagen nach den Wahlen waren nur wenige Geschäfte geöffnet und auch verkehrsmäßig war es deutlich ruhiger. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag wurden vorübergehende Wahlergebnisse veröffentlicht: der vorherige Präsident wurde mit über 60% wiedergewählt. Das sorgte für Unmut in der Bevölkerung und bei der Opposition, keiner wollte dieses Ergebnis so wirklich glauben. Doch zumindest bewahrte es uns vor einer Stichwahl am Ostersonntag. Seitdem gab es immer wieder Demo-Aufrufe oder Aufrufe zur „ville morte“. Letzteres wurde auf Geldstrafe vom Präsidenten verboten. Richtige Panik kam auf, als es zu Anschlägen mit Todesopfern in der Hauptstadt Brazzaville kam. Denn auch in Pointe-Noire wurden Schüsse gehört und viele sahen dies als den Anfang eines Bürgerkriegs. Eltern holten ihre Kinder frühzeitig aus der Schule ab und es gab Fluchtbewegungen. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Schüsse zwei Dieben gegolten haben. Ganz sicher ist die Lage immer noch nicht, man weiß ja nie was noch kommt. Bis jetzt merkt man die verstärkte Polizei- und Militärpräsenz in der Stadt. Der Anblick eines Wagens mit 15 schwerbewaffneten Männern und Frauen ist inzwischen fast normal geworden, nachdem ich das jetzt seit über einem Monat fast jeden Tag sehe. Doch ganz so wohl ist mir dabei trotzdem nicht. Auf jeden Fall hat inzwischen auch die Schule wieder richtig begonnen und alle hoffen nur das Beste.

 

 

Doch nun zu erfreulicheren Dingen: dem Osterfest. Gründonnerstag und Karfreitag unterschieden sich eigentlich nicht so sehr davon, wie ich es aus Österreich kenne. Nur das am Karfreitag vor der Kreuzverehrung über das ganze Gelände der Pfarre der Kreuzweg gegangen wurde, so wie es bereits jeden Freitag der Fastenzeit in der Kirche geschah. Während die Messe am Gründonnerstag nicht länger als zwei Stunden dauerte, dauerten der Kreuzweg und die anschließende Kreuzverehrung gemeinsam ungefähr drei Stunden. Und dann wären wir schon bei der Auferstehungsmesse am Karsamstag: Begonnen wurde draußen beim Osterfeuer, wo die Kerzen entzündet wurden. Anschließend folgte eine Lichtmessfeier in der Kirche, wobei unter anderem die ganze Kirche mit nach oben gestreckten Kerzen tanzte. Eine lange Zeit nahmen folgend die Lesungen ein. Zu jeder Lesung (es waren sieben oder acht) wurde nämlich ein Psalm gesungen, abwechselnd von den vier verschiedenen Chören, die die Messe mitgestalteten. Während dieser Messe war außerdem auch Erwachsenen-Taufe und -Erstkommunion. Ansonsten war die Feier, die circa drei Stunden dauerte, sehr ähnlich wie ich es aus Österreich kenne.

So etwas wie bunt gefärbte Ostereier gibt es hier nicht, auch kennt keiner den Osterhasen oder die Tradition, dass die Glocken von Gründonnerstag bis zum Karsamstag nach Rom fliegen. Es gibt auch keine Geschenke, schon gar nicht Schokolade, die sowieso immer eine Rarität ist. In unserer Pfarre wird Ostern mit den Kindern und Jugendlichen im Rahmen von mehrtägigen Aktivitäten mit Spiel, Musik, Tanz, aber vor allem auch Ausbildung gefeiert.

 

 

Lydias Familie flog am Ostersonntag wieder nach Hause und wir nutzen unsere letzten freien Tage, um mit Martina die drittgrößte Stadt im Kongo zu erkunden: Dolisie. Dolisie liegt ca. eine 3-stündige Fahrt durch den Regenwald von Pointe-Noire entfernt. Angekommen in Dolisie fiel mir sofort eines auf: alles ist rot. Angefangen von der Erde, bis zu den meisten Häusern. Auch die Taxis, die in Pointe-Noire blau sind, sind hier rot. Was mir positiv ins Auge springt, ist die Sauberkeit der Stadt: im Gegensatz zu Pointe-Noire sieht man hier nirgends Müll herumliegen. Auch das Klima ist irgendwie anders: es ist heißer als in Pointe-Noire, dafür ist die Luftfeuchtigkeit nicht so hoch. Zwei Tage verbrachten wir damit, die Stadt zu besichtigen und zu erkunden. Wir wurden sogar spontan vom Bischof zum Mittagessen eingeladen, als wir dessen Pfarre besuchten. Dolisie ist auf jeden Fall kleiner und jünger als Pointe-Noire, und hat mich als eine wunderschöne Stadt beeindruckt.

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Schule von der anderen Seite

Schon länger hab ich nichts mehr darüber geschrieben, was hier meine Hauptaufgabe ist: der Unterricht in der Schule. In diesem Blogeintrag versuche ich, euch an einigen Schulstunden „teilhaben“ zu lassen.

 

Doch zuerst möchte ich euch allgemein das Schulsystem im Kongo ein bisschen näherbringen. Das Schulsystem hier ist aufgebaut wie in Frankreich. Nach der „École maternelle“ (vgl. Kindergarten) beginnt man normalerweise mit 5 Jahren die „École Primaire“ (Volksschule). Diese dauert sechs Jahre (CP1, CP2, CE1, CE2, CM1, CM2) und wird mit einem ersten großen Examen abgeschlossen. Lydia und ich unterrichten Englisch ab dem Niveau CE1 (entspricht 2./3. Klasse Volksschule), ich unterrichte Englisch in der CE2 und CM1. Nach der École Primaire kommt das vierjährige „Collège“, das wiederum mit einem großen Examen endet. Man beginnt das Collège in der 6. Klasse, absteigend bis zur 3. Klasse. Ich unterrichte Deutsch in der 6. und in der 4. Klasse. Anschließend folgt das dreijährige „Lycée“, beginnend mit Second, dann Primaire und abschließend Terminal (Maturaklasse). Schafft man die Matura jedoch nicht, muss man die ganze Maturaklasse noch einmal machen, um erneut antreten zu können. In den letzten Jahren gab es leider immer wieder Probleme bei der Matura. So gibt es viele Schüler, die schon zum vierten oder fünften Mal die Maturaklasse besuchen. Letztes Jahr zum Beispiel schafften nur 10% aller Maturanten die Matura. Woran das liegt, kann keiner mit Sicherheit sagen, aber dass es nur daran liegt, dass alle Schüler zu wenig gelernt haben, ist unwahrscheinlich. Was ich weiß ist, dass die Matura, die zentral im ganzen Land gleich ist, am letzten Tag abgebrochen wurde, aufgrund Veröffentlichung von den Examen im Internet und angeblicher Schummelversuche. Erst einen Monat später wurde die Matura erneut begonnen.  Anschließend wird die Matura zentral korrigiert. Während der Korrektur wurde das Schulministerium geändert. Und schlussendlich fielen 90% bei der Matura durch… Auf jeden Fall sind deshalb dieses Schuljahr die Maturaklassen noch überfüllter als in den Jahren zuvor. Wer sich keine private Schule leisten kann, ist aufgeschmissen. Es gibt nämlich nur drei öffentliche allgemeine Lycées in Pointe-Noire. Dort sind dann in einer Maturaklasse 200/300 Schüler oder mehr. Die Lehrer in diesen Lycées sind schlecht bezahlt, viele kommen deswegen nicht immer. Somit frage ich mich, ob man so irgendetwas lernen kann und ob diese Schüler je die Matura schaffen werden. Zu hoffen ist es auf jeden Fall.

 

Doch nun möchte ich euch wirklich meine eigenen Unterrichtserfahrungen ein bisschen näherbringen. Die Schule „Dominique Savio“, in der ich unterrichte, ist eine Privatschule (mehr Infos unter „DAS PROJEKT“), somit sind die Klasse mit zwischen 35 und 50 Schüler in einer Klasse nicht ganz so groß. In der Berufsschule Don Bosco (mehr Infos unter „DAS PROJEKT“), die auch zu unserem Projekt gehört, gibt es jedoch auch größere Klasse, ich unterrichte dort auch eine Klasse mit zur Zeit 86 eingeschriebenen Schülern. Folgend einige Unterrichtsstunden, so wie ich diese bereits erlebt habe.

 

CM1 (4./5. Klasse Volksschule, 39 SchülerInnen):

Dienstagmorgen, 7h30. Nach dem „Mot du Matin“ mache ich mich direkt auf dem Weg in die Klasse. Als ich die Klasse betrete, sind alle SchülerInnen noch sehr damit beschäftigt, die Klasse zusammen zu räumen, Müll zu beseitigen und den Boden zu kehren. Diese Zeit nutze ich, um die letzten Vorbereitungen für den Unterricht zu treffen, da ich am Vorabend dafür zu müde war. Gott sei Dank hab ich zu Beginn des Trimesters einen Plan erstellt, also muss die Stunde nicht ganz spontan ablaufen. Für heute steht das Thema „possesive pronouns“ auf dem Programm. Eigentlich ein recht einfaches Thema, hab ich mir gedacht. Als die SchülerInnen schließlich alle auf ihren Plätzen sitzen und es langsam ruhig geworden ist, beginnt der Unterricht. Während dem Erklären bemerke ich recht schnell, dass das Thema doch nicht so einfach wie gedacht ist.  Schwierigkeiten gibt es beim Unterscheiden von „his“ und „her“. Ich will euch jetzt nicht mit langen Spracherklärungen langweilen, doch auf Französisch ist der Unterschied zwischen den beiden Possessivpronomen „son“ und „sa“ in der 3. Person Singular ein anderer. Also verbringen wir den Rest der Stunde damit, vor allem den Unterschied zwischen „his“ und „her“ mit zahlreichen Beispielen zu üben. Zum Abschluss der Stunde machen wir noch die allseits beliebte „Flashübung“ (richtige Antworten verbinden). Ein Begeisterungstumult bricht aus, und fast jeder will unbedingt an die Tafel. Und egal, wen man auswählt, man bleibt immer ungerecht für die anderen. So versuche ich, zumindest abwechselnd Burschen und Mädels auszuwählen, so dass wenigstens hier keine Ungerechtigkeit entsteht. Zufrieden, aber auch ein wenig fertig verlasse ich also um 8h30 die Klasse.

 

Electricité 1 (1. Jahr Berufsschule, 86 SchülerInnen, ungefähr 16-23 Jahre alt):

Mittwochmorgen. Mit 10 Minuten Verspätung komme ich in die Berufsschule, heute unterrichte die Klasse E1. Nach dem das „Mot du matin“ verspätet aufgehört hat, trudeln auch die Schüler erst ein. So vergehen noch einige Minuten mit Tische und Sessel richten, Kreide holen und Tafel löschen. Nach 20 Minuten können wir dann endlich denn Unterricht beginnen, ungefähr 50 Schüler sind im Klassenraum. Ab diesem Zeitpunkt dürfen zu spät kommende die Klasse vorerst nicht betreten. Für heute habe ich den Schülern sogar einen Zettel mit einem Text kopiert. Ein Text aus dem You&Me Englisch-Buch für die 1.Klasse Hauptschule/Gymnasium. Dementsprechend einfach also. Doch schon beim Lesen den Textes kommt es zu Schwierigkeiten, die englische Aussprache ist halt doch nicht so leicht. Dann klopft es an der Tür: „Madame, bitte darf ich eintreten, es waren so viel Staus.“ Ja, Staus sind immer. Trotzdem bist du zu spät, und auch die drei anderen, die in Zwischenzeit dazu kommen. „Tut mir leid, geht zum Aufseher zur Bestrafung.“ Bestrafung heißt in dem Fall Gang/Hof kehren, Müll sammeln oder im schlimmsten Fall Klo putzen. Nur mit Widerstand gehen die Schüler wieder und wir können den Unterricht fortsetzen. Bis auf zwei oder drei Schüler hat keiner den Text verstanden. Also übersetzen wir Satz für Satz. Und schon stehen die nächsten Schüler vor der Tür. „Madame, wir waren eh schon beim Aufseher!“ Wers glaubt. Die Klasse betretet ihr trotzdem nicht. Es geht weiter bei der Übersetzung des Texts. Nur auf meine Warnung hin, dass das zum Test kommen wird, raffen sich die Schüler dazu auf, die Übersetzung auch aufzuschreiben. Einige Schüler wollen trotzdem partout nicht mitarbeiten. Als einer dieser Schüler dann auch noch unverschämt einfach sein Handy rausholt und offensichtlich SMS schreibt, bleibt mir keine andere Wahl: er muss die Klasse verlassen. Wenn er nicht an meinem Unterricht interessiert ist, braucht er auch nicht in der Klasse zu sitzen. Er verlässt die Klasse, Stille kehrt ein. Wir setzen fort mit einer Grammatikübung, die wir in der Vorwoche begonnen haben. Zu meinem Leidwesen haben sie alles schon wieder vergessen. So beginne ich noch einmal zu erklären. Nur mit der Androhung, dass ich die Übung absammeln und benoten werde,  beginnen die Schüler die Übung zu machen. Es klopft erneut an der Tür. Ein Schüler hat einen Zettel vom Aufseher mitgebracht, mit der Erlaubnis, die Klasse zu betreten, er hat fertig gekehrt. Und nein, die fünf anderen, die auch in der Tür stehen, dürfen deswegen auch nicht herein. Die   Schüler arbeiten mehr oder weniger still an der Übung. Nach 20 Minuten machen wir die Verbesserung auf der Tafel. Nein, ich sammle die Hefte nicht ab. Der Aufseher kommt nochmal mit sieben Schülern vorbei, die ihre Bestrafung beendet haben. Und die Hefte von inzwischen fast 60 Schülern zu korrigieren ist mir dieses Mal zu viel Arbeit. Am Anfang finden sich noch freiwillige, die an die Tafel kommen, das wird gegen Ende der Übung immer schwieriger. Somit bleiben uns nur noch fünf Minuten. Schüler die erst jetzt kommen, dürfen wirklich nicht mehr hereinkommen. Schnell wird noch die Anwesenheitsliste durchgegangen. Nach der ersten Stunde, wo wir dafür eine halbe Stunde verschwendet haben, bin ich dazu übergegangen dies den Schülern am Ende der Stunde selbst zu überlassen. So habe ich fünf Minuten mehr Pause, bevor ich auch schon ins Collège weitermuss…

 

CE2 (3./4. Klasse Volksschule, 48 SchülerInnen):

Donnerstagmorgen, und es schüttet wie aus Kübeln. In der CE2 sind bis jetzt nur 25 Schüler anwesend. Mit gut der Hälfte der SchülerInnen muss ich also mein Programm umwerfen und spontan etwas anderes machen, da ich so kein neues Thema anfangen kann. Ich beschließe, eine Multiple-Choice Übung zum Thema Farben zu machen. Beim letzten Test ist dies nämlich gewaltig schief gelaufen, da keiner die Multiple-Choice Aufgabe verstanden hat und die meisten statt einer gleich alle Antworten angekreuzt haben. So beginne ich diese Stunde diese Art von Aufgabe noch einmal zu erklären. Zu meiner Freude gelingt das dieses Mal besser als beim Test. Nach und nach trudeln auch die anderen Schüler ein. Die ersten Schüler sind fertig mit der Übung, während andere noch nicht einmal begonnen haben. Und jene die fertig sind, wollen natürlich alle, dass ich zu ihnen korrigieren komme, und als das erledigt ist, verbringen sie die Zeit einfach mit Quatschen. So muss ich mir schnell noch eine zweite Übung einfallen lassen. Nichtsdestotrotz steigt der Lärmpegel in der Klasse. Auch der Spruch: „Allo allo (Lehrer)– J’écoute (Schüler: ich höre zu)– quand on écoute? (Lehrer: wenn man zuhört?) – on s’eteint (Schüler: spricht man nicht!)“, der die Schüler zum Schweigen auffordert, hilft da nicht mehr viel. Also bin ich froh, als um 8h15 die Klassenlehrerin kommt und somit für Ruhe in der Klasse sorgt. Vor ihr haben die Schüler doch mehr Respekt als vor mir. (Warum das so ist, möchte ich jetzt nicht näher ausführen, aber der Grund dafür gefällt mir eigentlich überhaupt nicht.) Die letzten Minuten verbringen wir dann mit Vergleichen der beiden Übungen, da ich es nicht geschafft habe, wirklich alle Hefte zu korrigieren. Die meisten jedoch schon, was auch sehr wichtig ist, weil die Schüler ihre Fehler oft trotz richtiger Lösung auf der Tafel nicht bemerken. Sie sind halt doch noch sehr jung und haben selbst mit Französisch manchmal noch Probleme. Da ist es nur verständlich, dass ihnen Englisch schwer fällt.

 

6e (1./2. Klasse Hauptschule/Gymnasium, 45 SchülerInnen):

Tag des letzten Tests des 2. Trimesters. Nachdem die Tests im Jänner und Februar nicht so gut ausgefallen sind, beschließe ich, ihnen diesen Test ein wenig zu erleichtern. Schon beim Betreten des Tests werde ich von allen Seiten mit Fragen bestürmt: „Madame, heute haben wir Test oder?“, „Madame, kommt das auch zum Test?“, „Madame, haben wir jetzt gleich Test oder in der zweiten Stunde?“, „Madame, kommt wirklich nur das zum Test?“, „Madame, brauchen wir Extra-Zettel?“ Als ich dann mal in der Klasse ankomme, verkünde ich den SchülerInnen, dass wir den Test heute erst in der zweiten Stunde machen, damit wir zuvor noch für den Test üben können. Zunächst stößt das auf Proteste, doch langsam bemerken die meisten, dass das ja eigentlich ein Vorteil für sie ist. Noch eingeschüchtert vom Direktor, der in der Vorstunde da war und vor allen verkündet hat, welche Schüler dieses Trimester fix durchgefallen sind, wird es dieses Mal erstaunlich schnell ruhig und wir schaffen es, eine Stunde in Ruhe zu arbeiten. Somit kann einiges an Erklärungen, Fragen und Übungen nachgeholt werden, was in letzter Zeit ein wenig untergegangen ist. Zufrieden verlasse ich also für die Mittagspause die Klasse und erinnere die Schüler noch einmal an den bevorstehenden Tests. Als ich nach der Pause wiederkomme warten zwar schon alle gespannt auf den Test, hergerichtet haben sie aber noch nichts. So vergehen nochmal zehn Minuten mit Schultaschen zur Seite räumen, bis dann endlich alle nur noch mit Stift und Lineal auf ihrem Platz sitzen. Und nein, auch das Französischbuch oder das Matheheft dürfen nicht am Platz sein. Und ja, Zettel bekommen alle von mir. Wenn diese Hürde dann endlich mal überwunden ist, kommt schon die nächste Schwierigkeit: das wirklich ruhig werden. So vergehen wieder einige Minuten, bis alle gecheckt haben, dass ihnen diese Zeit nachher beim Test fehlen wird. Schließlich sitzen dann doch alle mal ruhig mit dem noch umgedrehten Zettel auf ihrem Platz und warten ungeduldig auf den Start. Zettel umdrehen, und alle beginnen sofort.  Ohne Erklärungen anzuhören, nur damit nachher jeder einzeln fragen kommt, was sie bei dieser und jener Aufgabe machen müssen. Und so sehr ich mich auch bemühe, wenn ich es für die ganze Klasse erkläre, kann ich mir trotzdem sicher sein, dass es wieder die Hälfte nicht bekommen hat und nachher fragen kommt. Aber so ist es halt…und nein, wenn ich eine Frage beantworte, dürfen trotzdem die Schüler am anderen Ende der Klasse nicht reden. Das ist nämlich die Schwierigkeit, dass der Klassenraum der 6e ziemlich groß ist. Nachdem ich zwei Schülern unter Protest Punkte abgezogen habe, weil sie wirklich zu viel geredet haben, werden auch schon die ersten fertig. Ich merke, dass es mir gelungen ist, den Test einfacher zu machen, da die meisten Schüler sehr schnell fertig sind. Nach und nach leert sich der Klassenraum, bis schließlich irgendwann die Zeit um ist. Schlussendlich haben sogar jene Schüler, von denen ich mir sicher bin, dass sie eigentlich kein Wort Deutsch können, teilweise richtiges auf dem Zettel stehen. Tja, irgendetwas hab ich dann doch nicht sofort mitbekommen…

 

Ich hoffe, ich konnte euch ein wenig näherbringen, wie der Unterricht bei mir hier im Kongo so abläuft. Das zu beschreiben ist mir teilweise schwer gefallen, ich hoffe ihr habt nun trotzdem einen ungefähren Eindruck. Vergesst bitte nicht, alles was ich geschrieben habe sind meine Eindrücke und Erfahrungen und ist SUBJEKTIV; zum Thema Schule gibt es viele verschiedene Sichtweisen, was ich hier beschreibe ist von meiner Sicht aus.

 

Inzwischen ist auch das zweite Trimester zu Ende und somit sind bereits zwei Drittel des Schuljahres vorbei. Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht. Heute ist es bereits sieben Monate her, dass ich in Österreich in den Flieger gestiegen bin.

 

Alles Liebe aus dem heißen, verregneten Pointe-Noire!

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HALBZEIT - Highlights und Herausforderungen

 

Halbzeit. Ich kanns gar nicht fassen, dass die Hälfte meiner Zeit hier im Kongo schon vorbei ist. 6 Monate kommen mir manchmal ewig vor, andererseits fühle ich mich oft so, als wär ich erst vor einer Woche angekommen, weil man einfach jeden Tag Neues entdeckt und kennenlernt. In diesem halben Jahr hat sich meine Welt auf jeden Fall verändert und ich habe viel dazugelernt.

 

Französisch kann ich inzwischen so gut, dass ich alles verstehe und mich immer ohne Probleme ausdrücken kann. Sogar ein bisschen Munukutuba rede und verstehe ich jetzt. Leider nicht so viel wie ich es wir vielleicht wünschen würde, da einerseits die Zeit fehlt und andererseits eh jeder Französisch kann. Dass jeder Französisch kann ist ein großer Vorteil für uns, da wir uns so ohne Probleme mit jedem verständigen können, auch kleine Kinder oder Straßenkinder sprechen ausreichend Französisch. Zumindest bemühen sich alle mit ihrem Französisch, und wenn sie etwas nicht verstehen geben sie es oft nicht zu, weil sie sich dafür schämen. Inzwischen hab ich  bemerkt, dass mein Französisch besser ist als das mancher Kinder, vor allem was die Rechtschreibung angeht.

 

Als Weiße sind wir Gesprächsthema Nummer 1 wirklich IMMER wenn wir irgendwo auftauchen. Um uns herum hören wir ständig „Mundele“ (Weiße) und oft auch Fond Tié-Tié (unser Viertel), St Jean Bosco (die Pfarre). Man gewöhnt sich mit der Zeit halbwegs daran, trotzdem wünsche ich mir manchmal, auch mal inkognito unterwegs sein zu können. Einige Beispiele für solche Situationen sind:

 

  • Wir steigen in den Bus. Wir hören erstaunte Ausrufe, weil wir als Weiße den Bus nehmen. Wenn sich die männlichen Mitfahrer nicht gerade darüber unterhalten, wie sie uns heiraten können, diskutieren sie darüber, von wo wir wohl kommen, welche Sprache wir sprechen und wie viel zu viel wir wohl für den Bus zahlen werden. Natürlich geschieht das alles auf Munukutuba und sie sind überzeugt, dass wir sie sowieso nicht verstehen. Aber so viel verstehen wir schon, dass wir mitbekommen um was es geht.
  • Wir tragen am Sonntag für die Messe Gewand aus kongolesischen „Pagne“-Stoffen. Schon auf dem Weg zur Pfarre werden wir von allen bewundert. Freunde von uns meinen sogar, dass wir dabei immer viele Autounfälle verursachen, da die Fahrer nur uns anschauen. Kaum betreten wir das Pfarrgelände, bekommen wir von allen Seiten zu hören, wie schön wir nicht angezogen sind und dass es ihnen so sehr gefällt. Ich fühl mich dabei oft nicht so wohl, wenn ich von allen Seiten so angestarrt werde. Aber trotzdem ist es schön zu sehen, mit welchen kleinen Gesten und Taten man anderen eine Freude machen kann.
  • Wir spazieren über den Markt und trinken den kurz zuvor gekauften in einem Plastiksack verpackten Ingwersaft. Von überall hört man Rufe „Mundele (Weiße), du trinkst auch diesen Saft?“, „Mundele, lass mich kosten“, „Mundele, gib mir nur das!“ oder „Mundele, kauf mir auch was!“
  • Nach einem starken Regen sind die Straßen voll mit Wasserpfützen und wir sind wohl oder übel gezwungen, ins Wasser zu steigen. Überall beobachten uns erstaunt Menschen, manche sind so gar nicht einverstanden, dass wir ins Wasser steigen. „Ihr holt euch sicher hundert Krankheiten ein!“ Außerdem wird uns ständig zugerufen: „Mundele, das ist Afrika!“
  • Wir sind an einem Sonntagnachmittag mit Freunden am Strand spazieren. Am nächsten Tag erzählt uns gefühlt die halbe Pfarre, dass entweder sie selbst, ihre Tochter, ihr Schwiegervater, ihre Nichte oder wer auch immer uns am Vortag am Strand gesehen hat. Es ist manchmal schon anstrengend, immer aufpassen zu müssen, wann und wo man mit wem gesehen wird, damit keine negativen Gerüchte aufkommen. Klatsch und Tratsch ist in so einer großen Pfarre wo wir hier sind natürlich sehr beliebt, und was eignet sich besser als Thema als die beiden Weißen, die in der Pfarre arbeiten?

 

Im Folgenden möchte ich euch einige Highlights aus den ersten sechs Monaten beschreiben, über die ich bis jetzt noch nie auf meinem Blog berichtet habe

 

  • Es gibt hier einfach immer einen Grund zum Feiern. Sei es zur Eröffnung des Kirchenjahres, zur Begrüßung/Verabschiedung von irgendwelchen Paters, zu Ehren von Heiligen, zu Ehren des Namenspatrons, zu einem Jubiläum… 
    In besonderer Erinnerung ist mir eine Feier im Straßenkinderheim geblieben. Ich weiß gar nicht mehr, zu welchem Anlass die Feier war, ich weiß nur noch, dass die Stimmung einfach genial war. Begonnen hat diese Feier mit einer Messe im freien vor dem Heim. Schon während der Messe wurde ausgelassen gesungen und getanzt. Nach dem gemeinsamen Festessen wurde erneut ausgelassen gesungen und getanzt, auch der Stromausfall konnte uns nicht davon abhalten. Beim Tanzwettbewerb beteiligte sich sogar der „Vater“ der Foyer-Burschen, Père Jean-Pierre, und seiner Meinung nach ist er selbst mit Abstand der beste Tänzer im Foyer. Darüber teilen sich die Meinungen, aber schlecht tanzt er auf jeden Fall nicht… Eins ist auf jeden Fall sicher: wer noch nie auf einer afrikanischen Feier war, hat noch nie so richtig getanzt!
  • Auch eine normale Schulstunde kann immer wieder ein schönes Erlebnis sein. So ging es mir zum Beispiel letzte Woche Mittwoch in der 4e. Wir korrigierten eine schwierige Übung, die in der Vorwoche keiner verstanden hatte. Ich muss zugeben, auch ich hatte am Anfang Schwierigkeiten ihnen diese deutsche Grammatik zu erklären, weil es auch mir „neu“ war. Aber nachdem ich dann mal darauf gekommen bin, wie ich das ganze einfach erklären kann, verstanden es dann mehr und mehr SchülerInnen. Das schöne an dieser Stunde war einfach, dass fast alle gespannt meinen Erklärungen lauschten und ich wirklich den Eindruck hatte, dass sie es verstehen. Mir ist bewusst, dass es beim Test sicher trotzdem viele schon vergessen haben oder nicht wissen, aber wenigstens einigen konnte ich etwas von der komplizierten deutschen Grammatik näher bringen.
  • Zum Sport machen fehlt hier leider oft die Zeit. Umso mehr freut es mich darum, wenn es an einem Mittwochnachmittag nicht regnet und wir mit den Foyer-Burschen Basketball spielen können. Auch wenn sie sich nicht immer ganz an die Regeln halten, sind sie meistens mit Begeisterung dabei, weil es auch für sie etwas besonders und eine Abwechslung ist, da sie sonst nur Fußball spielen. Und das mit den Regeln kriegen wir auch noch hin…Hauptsache ist, dass alle Beteiligten Spaß haben und dass alle (die Burschen und wir Volos) mal ein bisschen Sport machen.
  • In der Mittagspause über den Schulhof zu gehen ist immer wieder ein Highlight. Während ich von vielen Pipious (das sind die aller Jüngsten) vor Begeisterung fast umgerannt werde, kommen viele SchülerInnen aus meinen Englischklassen in der Volksschule um zu fragen, wann denn endlich die nächste Englischstunde ist (und werde dabei auch fast umgerannt). Außerdem freuen sich auch meinen College-SchülerInnen, mich zu sehen, sei es, um mich nach dem nächsten Test, ihrer Testnote, jeglichen Abgabeterminen zu fragen, oder auch nur, ob sie meine Brille probieren dürfen. Es freut mich einfach immer wieder, wenn meine SchülerInnen mich voller Begeisterung über jeglichen schulische und außerschulische Themen befragen.
  • Ein einfaches Danke bedeutet manchmal sehr viel. So freute ich mich sehr, als einer der Foyerburschen, dem ich am Vortag bei der Hausübung geholfen habe, zu mir kam und mir ganz stolz sein Heft zeigte: „Schau Madame, ich hab alles richtig! Und das nur, weil du mir das erklärt hast! Danke! Hilfst du mir nächste Woche wieder?“ Dieser Bursch war nämlich anfangs sehr schüchtern und traute sich kaum um Hilfe fragen, aber seit diesem Zeitpunkt hat er gecheckt, dass man sich manchmal einfach nur trauen muss zu fragen und dass Hilfe annehmen auch was Positives bedeuten kann.
  • In meinem vorigen Blogeintrag berichtete ich schon über unseren Ausflug in den Regenwald in den Weihnachtsferien. Ein absolutes Highlight war dabei das Baden in dem frischen Quellwasser, das durch den Regenwald fließt. Dieses Wasser ist so klar, dass man es sogar trinken könnte. Neben einer willkommenen Abkühlung war das einfach Zeit zum Spaß haben. Mit meinen Geschwistern und Freunden konnte ich mich wieder einmal wie ein Kind fühlen. Und rundherum der beeindruckende Regenwald. Nebenbei versuchten wir, einem kongolesischen Freund schwimmen beizubringen. Gar nicht so einfach, wenn derjenige bereits sein ganzes Leben Angst, oder besser gesagt richtig Panik vor tiefem Wasser hat. Und das obwohl  Pointe-Noire am Meer liegt. Aber damit ist er nicht der einzige, ich habe noch nicht sehr viele KongolesInnen getroffen, die schwimmen können.  Das hat mich anfangs sehr verwundert, aber die Angst und Mythen um das Wasser sind hier viel zu verbreitet.
  • Eine Fahrt auf der Ladefläche eines Pickups. Abends, unter klarem Sternenhimmel.  Die Haare und generell alles flattern im Fahrtwind. Bei den Sandpisten oder den Schlaglöchern auf der asphaltierten Straße muss man sich gut festhalten. Und mit sich auch die 100 Sessel, die herumtransportiert werden. Dasselbe in jeder Kurve. Ein geniales Gefühl von unendlicher Freiheit.
  • Manchmal ist es auch schön, abschalten zu können und etwas zu machen, dass gar nichts mit der Arbeit zu tun hat. So gibt es im Stadtzentrum von Pointe-Noire ein französisches Kulturzentrum, in dem es neben einer großen Bibliothek auch regelmäßig Konzerte, Theater, Filme oder andere Veranstaltungen gibt. Eine gute Gelegenheit, mal rauszukommen und auch andere Europäer zu treffen. Und die Künstler, die dort auftreten, sind zwar meistens nicht so bekannt, aber trotzdem oft sehr gut.

 

Über viele andere schöne Momente hab ich schon auf meinem Blog beschrieben, wieder andere fallen mir jetzt gerade leider nicht ein. Natürlich ist so ein Volontariat auch nicht immer leicht, und man begegnet immer wieder kleinen oder größeren Herausforderungen:

 

  • Wenn eine Klasse mal partout nicht ruhig werden, geschweige denn aufpassen will. In der einen Ecke schlagen sich zwei, auf der anderen Seiten packen SchülerInnen ihre Jause aus, woanders beschimpfen sich die SchülerInnen, wieder andere schreien einfach nur irgendwie in der Klasse herum. Da weiß ich manchmal nicht, wo ich anfangen soll zu ermahnen und schimpfen. Doch Gott sei Dank ist es nicht immer so, und es gibt auch Unterrichtsstunden wo die SchülerInnen von Anfang an mit Begeisterung dabei sind.
  • Wenn die Burschen im Foyer einfach ständig an mir herumziehen oder mich irgendwo festhalten, nur um Aufmerksamkeit zu bekommen. Prinzipiell ist das ja nicht so tragisch, anstrengend wird es nur, wenn sie nicht merken, dass sie irgendwann die Grenze überschreiten. Es ist für die Burschen oft nicht leicht, aber trotzdem kann man seine Aufmerksamkeit nicht immer auf ein einzelnes Kind lenken.
  • Wenn ich nach einem heißen, anstrengenden Tag um halb neun Uhr abends endlich von der Arbeit heimkomme und mich auf eine kalte Dusche freue und dann feststellen muss, dass es keinen Strom gibt. Aber was solls, man kann ja immer noch eine Becherdusche nehmen.
  • Nur wenn dann mal über 1 Woche kein  Wasser mehr da ist, weil aus unerklärlichen Gründen kein neues mehr nachkommt, wird es auch mit einer Becherdusche schwierig. Es ist schon echt mühsam, wenn man schon fast zu wenig Wasser zum Waschen und Duschen hat, aber eigentlich echt dringend abwaschen muss, weil durch die Hitze alles viel schneller zu stinken beginnt. Im Moment haben wir zum Beispiel seit über einer Woche schon kein Wasser und unsere Wasservorräte gehen, trotz gesammelten Regenwassers, langsam dem Ende zu. Da heißt jeden Tag hoffen, dass am Abend plötzlich wieder Wasser da ist…
  • Wie ich zuvor bereits beschrieben habe, funktioniert das mit dem Französisch reden inzwischen schon recht gut. Trotzdem passiert es mir in der Schule noch manchmal, vor allem beim Erklären von Grammatik, dass ich einfach auf sprachliche Grenzen stoße. Oder wenn mich jemand ein bestimmtes Wort auf Französisch fragt, das ich ihm auf Englisch übersetzen soll, und es mir partout nicht einfallen will. Und das liegt oft nicht daran, dass ich das französische Wort nicht kenne, sondern daran, dass ein Teil meiner Englisch- (vor allem Vokabel-)kenntnisse irgendwo tief in meinem Gehirn verschollen ist, wie ich zu meiner Schande gestehen muss. So passierte es mir heute, dass mir das Wort Paprika auf Englisch nicht mehr einfiel.

 

Manchmal kommt mir ein halbes Jahr echt viel vor, aber wenn ich daran denke, dass ich in einem halben Jahr schon wieder in Österreich bin, erfüllt mich das auch mit Schrecken. Weil ich einfach im vergangenen halben Jahr gemerkt habe, dass die Zeit erschreckend schnell vergeht. Man lernt einfach mit jedem Tag dazu, und ich hab das Gefühl, ein Jahr ist viel zu kurz um alles zu entdecken. So heißt es, einfach jeden Tag zu genießen und in vollen Zügen auszukosten.

 

PS: Ich habs geschafft, auch ein paar, großteils schon ältere, Fotos hochzuladen.

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Weihnacht(sferien) einmal anders

Seit meinem letzten Blogeintrag hat sich schon wieder viel getan: das 1. Trimester wurde erfolgreich beendet, ich durfte Weihnachten und Silvester einmal anders erleben und ich bekam in den Weihnachtsferien Besuch von meiner Familie aus Österreich.

 

Nachdem die Prüfungswoche in der Schule „Dominique Savio“ mehr oder weniger erfolgreich beendet wurde, wurde zu Ende des Trimesters in der Schule zwei Tage lang Weihnachten gefeiert. Schon Wochen zuvor bereiteten sich die Klassen auf dieses Fest vor. Zu diesem Anlass wurden Lieder, Tänze, Poesie und Theaterstücke einstudiert. Nachdem alles festlich und weihnachtlich dekoriert wurde (es gab sogar einen kleinen Plastikweihnachtsbaum, der mit gefühlten zehn Glitzergirlanden, 25 Christbaumkugeln und zahlreichen Luftballons geschmückt wurde), wurde dies schließlich vorgeführt. Zusätzlich gab es sportliche Wettkämpfe. Natürlich gab es für die besten Vorführungen Preise. Am letzten Tag vor den Ferien, am 22.12., war die eigentliche Weihnachtsfeier geplant. Aufgrund starken Regens in der Nacht und am Morgen, begann alles einige Stunden verspätet. Da hieß es, wie es halt so ist, einfach warten. Die Zeit wurde auch genutzt, um alles noch weihnachtlicher zu dekorieren. Aufgrund der Weihnachtslieder, die in Dauerschleife liefen, kam ich an diesem Tag sogar ein bisschen in Weihnachtsstimmung. Als schließlich doch die meisten SchülerInnen eingetroffen waren, wurde die Schulweihnachtsmesse gefeiert. Natürlich wurde dabei nicht aufs Singen und Tanzen vergessen. Anschließend gab es wieder Tanz- und Liedervorführungen und die besten SchülerInnen wurden geehrt. Nach der Zeugnisverteilung und einem gemeinsamen Essen wurden SchülerInnen schließlich in die Ferien entlassen.

 

Und zwei Tage später war auch schon Weihnachten. Für mich fühlte es sich so überhaupt nicht nach Weihnachten an…ohne Schnee, Kälte, Weihnachtsbeleuchtungen und ohne überall Weihnachtslieder zu hören. Um ein bisschen Weihnachtsstimmung zu erzeugen, beschlossen meine Familie (die am 21.12. angekommen war) und ich, Punsch zu kochen. Diesen tranken wir schließlich abends nach der Messe, bei unserer eigenen kleinen Weihnachtsfeier, gemeinsam mit Keksen, die meine Familie mitgebracht hatte. So fühlte es sich wenigstens ein bisschen nach Weihnachten an. 

Das war am 24.12. Und wenn ich schon über den 24. berichte, muss ich auch von unserem Messmarathon an diesem Tag berichten: an diesem Tag war ich dreimal in der Messe. Morgens waren wir, wie fast jeden Tag, in der Frühmesse. Da merkte man noch nicht so viel davon, dass Weihnachten war. Nachmittags war Kinder-Weihnachtsmesse, bei der auch ein Krippenspiel vorgeführt wurde. Und abends waren wir schließlich in der „richtigen“ Weihnachtsmesse. Bei dieser war die Kirche überfüllt. Es wurde viel gesungen und sogar auf den Kirchenbänken getanzt. Es war auf jeden Fall mal eine ganz andere Art, die Weihnachtsmesse zu feiern. Und statt zu frieren, schwitzten wir in unseren Sommerkleidern in der Kirche, und das trotz der eingeschalteten Ventilatoren.

 

Am 25.12. waren fünf Messen, wie an einem Sonntag. Wir sangen also mit unserem Chor in der englischen Messe. Und da ja ein besonderer Feiertag war, trugen wir die feierliche „Uniform“ des Chores. Das heißt lange Kleider mit Hüten, so wie man es von amerikanischen Gospelchören aus Filmen kennt (ich versuch Fotos davon hochzuladen). Es war ein sehr besonders Gefühl, diese Kleider zu tragen. 

Mittags gab es das große Weihnachtsfestessen in der Communauté, zu dem auch die Burschen aus den Straßenkinderheimen eingeladen waren. Nach dem Essen wurde natürlich nicht aufs Tanzen und Singen vergessen. 

Nachmittags war, vom Jugendzentrum organisiert, eine Weihnachtsfeier für Kinder in der Pfarre. Somit sollte verhindert werden, dass die Kinder gemeinsam mit ihren Eltern zu Weihnachten in Bars „herumlungern“. Es gab Getränke und Snacks, es wurde gesungen, getanzt und gespielt. Highlight war der Besuch des Weihnachtsmannes, der kleine Geschenke an alle Kinder verteilte. Ich verbrachte diesen Nachmittag mit Kinderschminken.

Das waren auch schon die beiden Weihnachtstage, schon am 26. merkte man so gut wie nichts mehr davon, dass gerade Weihnachten war.

 

Doch eine Woche später ging das Feiern auch schon wieder weiter: zu Silvester. Diese Feier hat mich eigentlich noch mehr beeindruckt als Weihnachten. Die Feier begann um 20 Uhr in der Kirche. Auf Vorschlag des Bischofs wurde zu Beginn ein Film über Don-Bosco Projekte hergezeigt. Danach war lebendiges Gebet, Singen und Tanzen, animiert von der charismatischen Erneuerungsbewegung unserer Pfarre. Die Kirche wurde immer voller, auch der Vorplatz füllte sich, viele Leute hatten Matten und Decken zum Übernachten mitgebracht. Höhepunkt war schließlich die Messe, die genau um Mitternacht, pünktlich zum neuen Jahr begann. Auch in der Messe wurde viel gesungen und getanzt und das neue Jahr gefeiert. Nach dieser ca. zweistündigen Messe gab es eine Fortbildung zum Thema Familie, anschließend wurde weiter gesungen, gebetet, getanzt und gefeiert (und teilweise geschlafen). Bis in die Morgenstunden waren die Kirche und das ganze Pfarrgelände überfüllt von Menschen. Es hat mich sehr beeindruckt, mit welcher Begeisterung und in welcher Gemeinschaft hier Silvester gefeiert wird, da ich Silvester aus Österreich nicht wirklich als großes religiöses Fest kenne.

 

Wie bereits erwähnt, war meine Familie von 21.12. bis 3.1. zu Besuch. Es war für mich wunderschön, ihnen zu zeigen, wo ich seit einigen Monaten lebe und arbeite. Es freute mich, vieles mit ihnen zu teilen, was ich in den vergangenen Monaten kennen und lieben gelernt habe. Und mir wurde bewusst, dass für mich vieles schon alltäglich geworden ist, die für sie ungewohnt waren, z.B. das Essen, die Hitze, der ständige Lärm, Sand, der überall ist oder das Schlafen unter einem Moskitonetz. Wir machten auch einige spannende, interessante Ausflüge, Auszüge davon möchte ich euch berichten:

 

·         Samstag 26.12.2015, 13:03: Willkommen in den Tropen. Nach dreistündiger Autofahrt sind wir im Regenwald „Mayombe“ angekommen. Das Klima ist hier anders als in der Stadt. Man kann die hohe Luftfeuchtigkeit richtig spüren. Es beginnt zu regnen, der Regen ist warm und verdunstet halb, bevor er am Boden aufkommt. Ob man jetzt vom Regen oder vom Schweiß nass ist, weiß man nicht. So in etwa hab ich mir das Gefühl vorgestellt, in den Tropen zu sein, als wir im Geografie-Unterricht darüber gelernt haben. Es war echt ein wunderschönes Erlebnis, nach vier Monaten im Kongo endlich mal den Regenwald und die Natur pur zu erleben.

·         Sonntag 27.12.2015, 15:24: Wir besuchen eine Außenstelle der Pfarre, Côte Mateve. Aufgrund starken Regens am Vormittag müssen wir einen Umweg nehmen, um den Wasserpfützen am Weg auszuweichen. Côte Mateve liegt etwas außerhalb, es gibt dorthin keine asphaltierte Straße. Sonntagnachmittag treffen sich hier Kinder und Jugendliche aus der Umgebung, zum Oratorium, zum Fußball spielen, zum Film schauen, etc. Ich zeige meiner Familie die Kirche, die man auf den ersten Blick nicht als solche erkennt. Es gibt eine Überdachung, aber seitlich ist alles offen. Regnet es also, ist die halbe Kirche unbenutzbar. Auch eine Weihnachtskrippe gibt es hier. Mit meinen Eltern beobachte ich die Ziegen der Nachbarn, die das Heu der Krippe fressen. Ein interessantes Bild.

·         Montag 28.12.2015, 10:35: Nach einer aufregenden Autofahrt sind wir in dem Dorf Loango angekommen. Und wenn ich sage aufregend: wir fuhren zu siebt in einem halbkaputten 5-Sitz-BMW, bei dem sich von innen und von außen jeweils nur eine Tür (nicht dieselbe) öffnen lässt. Und das ist nicht das einzige, was kaputt ist. Nach erfolgreicher Polizei-Bestechung, abenteuerlichen Sandpisten und mit rauchendem Motor erreichten wir dennoch unser Ziel. In Loango besichtigten wir das Priesterseminar und ein Schwesternkloster. Strom gibt es hier tagsüber nicht, im Priesterseminar wird abends ein Generator eingeschaltet. Nachmittags nutzen wird das schöne Wetter zum Baden am ruhigen Traumstrand in Loango.
Trotz zeitigem Aufbruch verzögerte sich an diesem Tag unsere Heimkehr, das das Auto einige Kilometer vor der Pfarre doch den Geist aufgab (es sollte halt der Motor nicht rauchen, und nach einer kleinen Explosion wollten wir dann doch nicht mehr fahren). Nach kurzer Schrecksekunde stellte sich alles als halb so wild raus, und mit Hilfe von hilfsbereiten Passanten konnten wir das Nötigste reparieren, um spät abends dann doch noch zu Hause anzukommen.

·         Mittwoch 30.12.2015, 14:16: Wir sind im Naturgebiet Nanga, etwas außerhalb Pointe-Noires. Gemeinsam mit meinen Geschwistern und kongolesischen Freunden baden wir in einem Bach. Plötzlich beginnt es stark zu regnen. Der Regen ist fast wärmer als das Bachwasser. Ein wunderbares Gefühl, den Regen so voll und ganz genießen zu können, wenn man sowieso schon nass ist. Ein Ausflug in die Freiheit und Unbeschwertheit.

·         Donnerstag 31.12.2015, 11:05: Gemeinsam mit meiner Familie besuche ich die Burschen im Straßenkinderheim. Diese freuen sich sehr über den Besuch von so vielen Weißen. Meine Geschwister werden sofort eingeladen, Fußball mit ihnen zu spielen. Währenddessen werden meine Eltern über ihr Leben und Österreich ausgefragt. Trotz sprachlicher Barrieren entsteht ein wunderbarer Austausch, über den alle sehr begeistert sind.

·         Samstag 02.01.2016, 12:19: Wir sind im Stadtzentrum Pointe-Noires. Moderne Gebäude stehen neben halb heruntergekommen Gebäuden. Wir betreten ein Caféhaus. Es fühlt sich an wie eine andere Welt. Es gibt sogar noch Weihnachtsschmuck, etwas, dass ich in unserem Viertel noch nicht entdeckt habe. Durch die Klimaanlage, die gefühlte 20°C runterkühlt, könnte man meinen, man ist im Winter angekommen. Meine Eltern führen mir Kontraste zwischen arm und reich vor Augen, die mir selbst schon gar nicht mehr aufgefallen wären.

 

 

 

Ich habs sogar geschafft einige Fotos hochzuladen. Neben Fotos aus den Weihnachtsferien hab ich auch mal Fotos in meiner größten Klasse in der Berufsschule gemacht, auf den Bildern ist nur ca. die Hälfte der SchülerInnen zu sehen (offiziell gibt es 89 SchülerInnen in dieser Klasse).

 

Das wars auch schon wieder, inzwischen ist schon wieder seit 3 Wochen Schule und der Alltag ist stressig wie eh und je. Danke für Lesen bis zum Schluss, und ich freu mich natürlich über Nachrichten oder Kommentare!

Ich wünsch allen Blogleserinnen und -lesern, wenn auch etwas verspätet, einen guten und gesegneten Start ins Jahr 2016!

 

 

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Advent du heiße Zeit...

So schnell konnte ich gar nicht schauen, und schon begann die Adventszeit. Eine ungewöhnliche Erfahrung, den Advent fern von Schnee, Weihnachtsbeleuchtungen, Punsch und Adventmärkten zu erleben. Stattdessen ist es heiß, und wüsste ich nicht, dass bald Weihnachten ist, würde ich davon gar nichts bekommen.

Sowas wie Adventkränze oder Adventkalender gibt es hier nicht. Um doch ein bisschen Adventstimmung zu schaffen, beschlossen Lydia und ich, einen Adventkranz und einen Adventkalender für unser Volohaus zu basteln. Somit konnten wir auch unseren Freunden diese schönen Traditionen zeigen und erklären.  In Weihnachtsstimmung werde ich dieses Jahr trotzdem sicher nicht kommen.

 

Auch den heiligen Nikolaus kennt hier keiner. Das wollten wir ändern. Von 5. auf 6. Dezember 2015 übernachteten wir bei den Burschen im Straßenkinderheim, in dem wir normalerweise ein/zwei Nachmittage pro Woche arbeiten. Da sowohl Lydias Mutter, als auch mein Vater aus Holland kommen und dort der heilige Nikolaus immer groß gefeiert wird, wollten wir diese schöne Tradition mit den Burschen teilen. So machten wir uns am frühen Abend des 5. Dezembers auf den Weg. Nach dem allabendlichen „Mot du soir“, bei  dem jeder der Burschen etwas erzählen kann, über Probleme berichten darf und gemeinsam gebetet wird, begannen wir mit unserem Programm. Wir hatten geplant, Weihnachtskekse zu backen. Also machten wir gemeinsam mit den Burschen den Teig. Während dieser rastete, erzählten wir ihnen Geschichten vom Heiligen Nikolaus. Wider Erwarten waren sie alle sehr interessiert und lauschten gespannt unseren Erzählungen. Vor allem die Jüngsten waren begeistert, als wir ihnen erzählten, dass der Heiligen Nikolaus in der Nacht von 5. auf 6. Dezember in alle Häuser kommt und Geschenke in den Schuhen der braven Kinder hinterlässt. Anschließend wollten wir die Kekse backen, es gab jedoch ein Problem: im Straßenkinderheim gibt es keinen Ofen. Das macht nichts, haben wir gedacht, wir können die Kekse ja einfach über dem Feuer backen. Doch Kekse in einer Pfanne mit Öl über dem Feuer zu backen, funktioniert halt doch nicht so gut. Bevor sie auch nur irgendwie durch waren, sind sie zu Brösel zerfallen. Die Burschen gaben nicht auf und probierten es auf viele verschiedene Weisen, sie wollten schließlich ihre Kekse essen. Also beschlossen wir, aus den restlichen Zutaten Palatschinken zu machen. Das hat glücklicherweise gut geklappt über dem Feuer, und so aßen wir schlussendlich süße Palatschinken-Kekse. Diese schmeckten uns allen recht gut. Anschließend spielten wir Spiele und sagen noch Nikolauslieder mit ihnen, damit der Nikolaus auch wirklich kommt. Und vor dem Zubettgehen stellten alle brav ihre Schuhe auf, damit der Nikolaus ein Geschenk bringt. Insgesamt war es echt eine sehr gelungene Feier, und die Burschen freuten sich, dass der Nikolaus dieses Jahr auch zu ihnen kam.

 

 

Mit Weihnachten geht das erste Trimester in der Schule zu Ende, was für uns Lehrer viel Arbeit bedeutet! Sowohl in der Volks- und Hauptschule, als auch in der Berufsschule sind Schularbeiten zum Ende des Trimesters. Bis auf ein paar kleine Zwischenfälle ging das jedoch relativ problemlos herüber.  Und mit Zwischenfällen sind nicht nur SchülerInnen in der Volks-/Hauptschule gemeint, die zu schummeln versuchten und deshalb heimgeschickt wurden oder Punkteabzug bekamen.  Probleme gab es auch in der Berufsschule: Geplant war, dass jeder Lehrer die Tests eine Woche vor Prüfungsbeginn bei der Sekretärin abgibt.  Wir Volontäre waren jedoch fast die einzigen, die den Test schließlich drei Tage vor Prüfungsbeginn abgaben. Und weil das bis zum ersten Prüfungstag keiner bemerkte, wurde an diesem Tag spontan das Programm umgeworfen und Englisch vom letzten auf den ersten Tag vorverlegt, super toll für die Schüler, die sich natürlich noch nicht für Englisch vorbereitet hatten. Im Nachhinein machte ihnen das jedoch nichts mehr aus, weil der Englisch-Test eh sooo leicht war. Diese Begeisterung verwunderte uns zunächst ein bisschen, der Test war zwar nicht schwer, aber auch nicht sooo leicht. Beim Korrigieren entdeckten wir warum: die Sekretärin hatte vergessen, die zweite Seite des Tests auszudrucken.  Kann ja mal passieren…so haben wir den Schülern einfach ein paar Punkte geschenkt, war ja nicht ihr Fehler.
Die Tests, von  meinen insgesamt 7 Klassen, musste ich dann natürlich alle zur gleichen Zeit korrigieren, das heißt ca. 250 (und das ist sicher nicht untertrieben) Kopien. Und anschließend die Noten jedes Schülers ausrechnen! Aber auch das habe ich nun fast geschafft und ich freue mich schon auf die Aktivitäten rund um Weihnachten und die Weihnachtsferien!

 

PS: Unter "DAS PROJEKT" gibt es neue Infos über die beiden Schulen und die beiden Straßenkinderheime der Salesianer in Pointe-Noire!

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Sing well - pray twice!

Dies ist die Begrüßungsformel beim englischen Chor der Pfarre, bei dem wir seit ca. 2 Monaten Mitglieder sind. Der Chor probt drei Mal in der Woche abends und singt jeden Sonntag die englische Messe. Das ist eine spannende Abwechslung zu unserer restlichen Arbeit, da wir dort keine Verantwortung tragen, sondern einfach Mitglieder sind. Es gibt in unsere Pfarre eine große nigerianische Gemeinschaft, die „English-Community“. Daraus entstand der Chor, der anfangs nur aus Nigerianern bestand, die in ihrer Landessprache „ibo“ sangen. Inzwischen sind auch viele KongolesInnen Mitglieder des Chor. Und es wird neben ibo hauptsächlich auf Englisch gesungen, manchmal auch auf Französisch, Latein, Munukutuba, etc. Wir nutzen das auch dazu, unsere Englischkenntnisse nicht ganz zu vergessen. ;-)

 

Ende November starb ein aktives Mitglied des Chors, was uns die Gelegenheit gab, kongolesische Begräbnisrituale kennenzulernen. Das Begräbnis findet normalerweise ungefähr eine Woche nach dem Tod statt. Innerhalb dieser Woche ist jeden Tag „Nachtwachen“ bei der Familie zu Hause, sogenannte „veillées“. Dazu kommen Verwandte, Freunde, Nachbarn, Bekannte um die Familie zu unterstützen. Da ein Mitglied des Chores starb, waren alle Mitglieder des Chores aufgefordert, jeden Tag bei der veillée anwesend zu sein. Wir setzten uns gemütlich zusammen, redeten und beteten, an den letzten Tagen sangen wir auch. Der letzte Abend der veillée ist immer etwas besonderes: an diesem Tag kommen die meisten Menschen, und es gibt eine große Trauerfeier, wo gebetet, gesungen und getanzt wird. Es ist außerdem Tradition, bei diesen veillées zu übernachten, beziehungsweise die Nacht durchzuwachen, vor allem in der letzten Nacht. Auch unser Chor übernachtete in der letzten Nacht bei der Familie der Verstorbenen. So eine Erfahrung wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Während viele Menschen die ganze Nacht bei lauter Musik tanzten und beteten, schliefen andere auf Matten vor dem Haus. Auch wir schliefen schließlich ungefähr zwei Stunden, da wir am nächsten Tag unterrichten mussten. Müde machten wir uns um fünf Uhr morgens auf den Heimweg, um uns kurz frisch zu machen und zu frühstücken, bevor wir um sieben Uhr in die Schule gingen. Nach der Schule zu Mittag war dann das Begräbnis, bei dem unser Chor sang. Zuerst war eine Messe in der Kirche, die ähnlich wie eine Begräbnismesse in Österreich ablief. Anschließend wurde vor der Kirche rund um den Sarg getanzt, gesungen und gebetet, bevor es dann mit Bussen zu dem weit entfernten Friedhof aufging.

 

 

Im Nachhinein erzählten uns verschiedene Menschen, dass wir echt Glück hatten, da in der letzten Nacht einer veillée oft Streits und Schlägereien ausbrechen.  Bei dieser veilée blieb es jedoch relativ friedlich. Gründe für diese Streits und Schlägereien sind verschieden, oft handelt es sich um Meinungsverschiedenheiten zwischen Freunden und der Familie. Ein weiterer Grund kann sein, wenn die Todesursache nicht genau bekannt ist und eine bestimmte Person für den Tod verantwortlich gemacht wird.

 

Insgesamt war es echt schön zu sehen, wie sehr hier die Familie von einem Verstorbenen von allen Freunden und Bekannten in der schweren Zeit kurz nach dem Tod unterstützt wird.  Es wird gemeinsam getrauert und die Familie ist einfach nicht alleine mit ihrem Schicksal.

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Langweilig wird es nie...

Jetzt sind schon wieder über 3 Wochen seit meinem letzten Blogeintrag vergangen. 3 Wochen, in denen viel passiert ist. Streiks und Demonstrationen rund um das Referendum, Schulstart in der Berufsschule, die ersten Tests und Schularbeiten in der Volksschule und im Collège und natürlich der österreichische Nationalfeiertag.


Am 25. Oktober fand im Kongo ein Referendum statt, bei dem über eine Veränderung der Verfassung abgestimmt wurde. Vergesst bitte nicht, alles war ich hier darüber schreibe sind meine Eindrücke und dass was wir von anderen erzählt bekommen und somit sehr subjektiv. Ich möchte mich keinesfalls auf eine Seite stellen, und hoffe, dass ich euch ungefähr einen Überblick über die Ereignisse rund um das Referendum geben kann.
Genauer gesagt ging es beim Referendum darum, ob der aktuelle Präsident im Kongo, Denis Sassoou-Nguesso, bei den Wahlen 2016 nochmal antreten darf. Da er laut Verfassung jedoch schon zu alt ist und bereits mehrere Amtsperioden an der Macht ist, müsste dazu die Verfassung geändert werden. Ein Teil der Bevölkerung möchte keine Unruhen und wünscht sich deswegen, dass alles beim Alten bleibt und somit auch der Präsident bleibt. Es wird auch gemunkelt, dass manche Leute dafür bezahlt werden, „OUI“ zu wählen um somit dem Präsidenten eine erneute Amtsperiode zu ermöglichen. In den Wochen vor dem Referendum sah man im Stadtzentrum viele Plakate und Menschen, die Werbung dafür machten, „OUI“ zu wählen. Genauso wie die Befürworter gibt es aber natürlich auch Gegner. In unserem Viertel Fond Tié-Tié, sowie in einigen anderen mehr außenliegenden Vierteln wurde auch Werbung für „NON“ gemacht.
In der Woche vor dem  Referendum gab es, von der Opposition organisiert, Demonstrationen und einen tagelangen Streik. Die Opposition wollte verhindern, dass das Referendum überhaupt stattfindet.
Es begann am Samstag, 16.Oktober: Vormittags war noch ganz normal Schule und uns wär nicht aufgefallen, dass etwas anders wie sonst ist. Mittags erzählte uns dann die Köchin der Pfarre Maman Scarlene, dass nachmittags Meetings der Opposition in Pointe-Noire sind und wir deshalb die Pfarre nicht verlassen sollten. Neugierig wie wir sind wollten wir natürlich trotzdem wissen was draußen los ist, und gingen somit am späten Nachmittag zum Tor der Pfarre schauen. Wir sahen viele, vor allem junge Menschen, der Großteil männlich, die protestierend und laut singend durch die Straßen zogen. Sie kamen vom Meeting im Stadtzentrum. Abends war das jedoch alles vorbei und wir konnten ganz normal nach Hause gehen. Auch die zwei folgenden Tage blieb es ruhig, wir konnten ohne Probleme unsere Arbeit verrichten und an unserem freien Tag am Montag sogar an den Strand fahren. Doch am darauffolgenden Dienstag gab es erneut Demonstrationen: Schulen und Geschäfte blieben deswegen geschlossen, es gab keinen Verkehr. Nur Menschen, die demonstrierten, waren auf den Straßen. Leider blieben die Demonstrationen in der Hauptstadt Brazzaville und auch in Pointe-Noire nicht immer gewaltfrei, Polizei und Militär griffen ein. Auch am Mittwoch war die Situation nicht anders, was einen weiteren unfreiwilligen freien Tag für uns bedeutete. Am späten Nachmittag und Alltag kehrte dennoch langsam wieder Alltag ein, vereinzelt sperrten Geschäfte auf, da die Menschen Hunger bekamen. Aufgrund des Nahrungsmangels stiegen die Preise ums doppelte und dreifache. Das Problem mit dem Hunger hatten wir in der Pfarre nicht – die Pères meinten, dass es in der Vorratskammer Essensvorräte für einen Monat gibt. Trotzdem wurde an diesem Mittwoch auch gleich noch fleißig eingekauft – man weiß ja nie – im Nachhinein betrachtet ein bisschen übertrieben. Am Donnerstag war soweit wieder alles normal, einzig die Schule blieb die ganze Woche geschlossen, da sowieso fast Wochenende war. Für uns hieß das eine Woche unfreiwillige Ferien, da es einfach zu gefährlich war die Pfarre zu verlassen. Wir nutzten die Zeit, um Unterrichtsstunden und die ersten Tests vorzubereiten, und konnten uns auch wieder mal so richtig ausruhen. Es wurde nur noch das Referendum am folgenden Sonntag abgewartet und gehofft, dass dieses gut verläuft… Nach diesen aufregenden Tagen ging schließlich das Referendum problemlos vorüber. An diesem Tag war die ganze Stadt ruhig, außer Polizei und Militär war kein Verkehr. Wer sein Haus verließ, konnte sich nur zu Fuß fortbewegen, die Geschäfte und Märkte waren wieder einmal geschlossen. Versammlungen von Menschen waren verboten, und so durften in manchen Pfarren nicht einmal Messen gefeiert werden. So bekam auch unsere Pfarre, die im Herzen des größten Viertels Pointe-Noires liegt, bald in der Früh Besuch von der Polizei. Sie hatten um 5 Uhr die Glocken gehört, was sie an diesem Tag für unpassend hielten. Die erste Messe um 6 Uhr hatte noch nicht begonnen, aber es waren schon Menschen in der Kirche die beteten und sangen. Die Polizei schickte sie jedoch wieder nach Hause und sagte alle 5 Messen an diesem Sonntag ab. . So feierten wir schließlich in der Communauté eine „Privatmesse“ zu fünft, also zwei der Pères, Lydia, ich und ein Praktikant. Der Besuch der Polizei in der Früh hat uns alle erschrocken und sehr überrascht, auch die Pères. Die Pères meinten auch, nach der Messe wäre für die Menschen die perfekte Gelegenheit gewesen, wählen zu gehen. Denn der Großteil der Bevölkerung ging nicht wählen und sperrte sich zuhause ein. Wir haben den Eindruck, dass viele die Politik satt haben und nichts damit zu tun haben wollen. Außerdem hatten viele Menschen einfach Angst.
Als Ergebnis des Referendums wurde schließlich bekanntgeben, dass 92% für „OUI“, also für die Änderung der Verfassung gestimmt haben und somit einverstanden sind, dass der Präsident ein weiteres Mal kandidieren kann. Außerdem war die Wahlbeteiligung offiziell natürlich sehr hoch. Ob diese Ergebnisse wirklich stimmen, kann keiner sagen, und darüber darf sich jeder seine eigene Meinung bilden.
Was wir in diesen Tagen einfach sehr deutlich zu spüren bekamen, war die Angst der Bevölkerung. Für viele ist der letzte Bürgerkrieg (1997) noch sehr lebhaft in Erinnerung und sie haben Angst, dass so etwas wieder passiert.
Nach dem Referendum kehrte auf jeden Fall ziemlich schnell wieder Alltag ein. Derzeit ist alles ruhig, wir blicken nun jedoch gespannt auf die Wahlen im Frühjahr 2016.


Aufgrund des Referendums hätten wir fast den österreichischen Nationalfeiertag vergessen. Ist uns aber dann doch noch eingefallen und so haben wir spontan entschieden, den Nationalfeiertag mit einem österreichischem Essen zu feiern. Glücklicherweise fiel der Nationalfeiertag auf einen Montag, der unser freier Tag ist. Wir beschlossen gemeinsam mit kongolesischen Freunden, Gulasch zu machen, und waren dazu in einem europäischen Supermarkt im Stadtzentrum einzukaufen. Bis auf die horrenden Preise wirkt es echt so, als wäre man in Europa. Nach langem Suchen haben wir dann alles gefunden was wir brauchten. Als wir dann endlich zu Kochen begannen, war es schon relativ spät, und wir hatten nicht einberechnet, dass Gulasch eigentlich doch recht lange dauert. Deshalb ist es dann mehr eine Gulaschsuppe geworden, was jedoch keinen gestört hat, und sowohl uns, als auch unseren kongolesischen Freunden sehr gut geschmeckt hat. Zur Feier des Tages aßen wir danach sogar Schokolade, ein sehr kostbares und teures Gut hier.


Nach dem Referendum hat auch endlich der Unterricht in der Berufsschule richtig begonnen. Ich unterrichte dort drei verschiedene Klassen in Englisch, wobei meine größte Klasse 85 Schüler hat. Die Größe mancher Klassen in der Berufsschule hat mich sehr geschreckt, wie ich zum ersten Mal davon gehört habe. Inzwischen habe ich schon mehrere Stunden dort unterrichtet und muss sagen, dass es bis jetzt recht gut funktioniert. Dadurch, dass die Schüler schon älter und somit doch vernünftiger sind, funktioniert das mit der Disziplin relativ gut. Und wenn ich sage älter: die Berufsschüler sind fast nur Burschen und zum Großteil älter als ich, die meisten sind zwischen 18 und 23 Jahre alt. Auch in der Berufsschule ist der Unterschied zwischen den Englischkenntnissen sehr hoch. Manche haben noch nie Englisch gelernt, andere bis zu sieben Jahre, wieder andere haben es schon mal gelernt, aber schon wieder vergessen.


Generell finde ich es eine spannende Abwechslung, Schüler in allen Altersklassen zu unterrichten…also von sieben Jahren in der Volksschule bis zu ca. 25 in der Berufsschule. Da wirds nie langweilig, und es bleibt eine Herausforderung. Prinzipiell unterrichte ich gerade recht gerne und mir macht das Unterrichten echt Spaß (zumindest meistens). Das ist etwas, was ich mir noch vor einen halben Jahr noch gar nicht vorstellen konnte. Es ist schon recht schräg, so schnell auf der anderen Seite zu stehen. Und irgendwie fühl ich mich immer noch halb als Schülerin und hab nicht vergessen, wie man als Schüler denkt…was für meine Schüler sowohl zum Vor- als auch zum Nachteil werden kann… zum Beispiel bei Tests.


Letzte Woche war in der „École Dominique Savio“, also in der Volksschule und im Collège, Testwoche. Das System hier ist so, dass am Ende jedes Monats Tests und Schularbeiten sind, um das Gelernte des letzten Monats abzuprüfen. Das Schuljahr ist hier in Trimester aufgeteilt, wobei jedes Trimester ca. 3 Monate dauert. Somit gibt es prinzipiell 3 Mal pro Trimester Tests und Schularbeiten. Vor einem halben Jahr war ich noch in derselben Situation wie meine Schüler jetzt und lernte und schrieb Tests und Schularbeiten. Als Lehrer muss man dabei plötzlich an ganz andere Sachen denken: Wie gestalte ich den Test, sodass er nicht zu schwer und nicht zu leicht ist? Wie viel haben sich die Schüler wohl aus dem Unterricht mitgenommen? Und statt zu überlegen, wie man am besten schummeln kann (hab ich natürlich nie gemacht), denke ich nun: wie verhindere ich, dass die Schüler schummeln? Und obwohl ich immer zwei verschiedene Tests macht, konnte ich das abschreiben nicht ganz verhindern, was unter anderem daran liegt, dass die Klassen so groß sind und die Schüler oft sehr nahe beieinander sitzen. Aber wie sagt man so schön: wer es schafft zu schummeln, ohne dass der Lehrer es mitbekommt, beweist auch eine gewisse Intelligenz…
Alles in allem bin ich mit den Ergebnissen zufrieden. Mir wurde wieder mal bewusst, wie viel Zeit Lehrer-sein auch außerhalb des Unterrichts beansprucht. Denn muss man von 4 verschiedenen Klassen mit je ca. 45 Schülern Tests korrigieren, sitzt man schon mal eine lange Zeit. Dazu kommt dann auch noch das Vorbereiten der Stunden und das Korrigieren von Hausübungen der Berufsschüler. Aber obwohl es viel Arbeit ist, finde ich es derzeit noch rech lustig Test zu korrigieren, auch aufgrund mancher kreativer Antworten.  ;-) Ob unsere Lehrer wohl auch oft ihren Spaß beim Korrigieren hatten? Ich kann jetzt auf jeden Fall meine ehemaligen Lehrer und manche ihrer Handlungen besser verstehen.


Inzwischen wird es hier immer heißer und ich schwitze einfach schon, wenn ich um sechs Uhr in der Früh in die Kirche gehe. Das schon November ist, realisiere ich irgendwie gar nicht, ich bin jahreszeiten-technisch irgendwo im Sommer steckengeblieben. Vor ein paar Tagen mussten wir auch zum ersten Mal unsere Gummistiefel auspacken. Es regnete in der Früh so stark, dass wir unser Haus nicht verlassen konnten. So starken Regen hab ich echt noch nie erlebt. Verspätet schafften wirs mit Gummistiefeln dann doch in die Pfarre, um festzustellen, dass sowieso erst insgesamt sieben Schüler da sind. In der zweiten Stunde waren von meinen 85 Schülern dann 25 da, und wir konnten mit dem Unterricht beginnen.  Denn ebenso schnell, wie der Regen hier beginnt, scheint auch wieder die Sonne und es ist heiß. Durch die Hitze war der Großteil des Wassers am Abend bereits wieder verdunstet. Gummistiefel zahlen sich hier auf jeden Fall echt aus, und erleichtern so manchen Weg. Nur zum Fußball spielen sind sie nicht so geeignet, wie wir am Nachmittag feststellten, als wir mit den Burschen aus dem Straßenkinderheim Fußball spielten. Aber ansonsten sind sie echt nützlich!


Jetzt hab ich echt schon viel geschrieben, wers genauer wissen will: fast doppelt so viel wie bei meiner Deutsch-Matura! :D Eines ist auf jeden Fall sicher: langweilig wird uns hier nicht so schnell! Ganz liebe Grüße aus Pointe-Noire, und ich freue mich natürlich sehr über Kommentare und Nachrichten aus der Heimat!

 

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"OUI" oder "NON": das ist hier die Frage...

Unter diesem Titel hat meine Mitvolontärin Lydia die aktuelle politische Situation (soweit wir sie kennen und herausgefunden haben) in ihrem Blog beschrieben. Da nächstes Jahr Wahlen sind, tut sich politisch gerade sehr viel. Der Eintrag ist sehr lesenswert, ich empfehle euch echt allen das zu lesen!

lydia-kongo.jimdo.com

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Silence! Calmez-vous! Attention! Asseyez-vous! Arrêtez!

Diese Worte verwende ich in letzter Zeit sehr oft, genauer gesagt seit 1. Oktober. Am 1. Oktober hat nämlich auch hier endlich die Schule begonnen. Der Schulalltag hat mich somit wieder, nur dass ich jetzt auf der anderen Seite stehe.

 

Den eigentlichen Schulstart nehmen hier nicht alle ernst, also waren am ersten Schultag nicht einmal die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler anwesend. Der Rest trudelte innerhalb der ersten Woche ein, und so waren in den Klassen auf einmal nicht mehr nur 20 Schüler (was eigentlich eine angenehme Anzahl wäre), sondern 40 oder mehr. Ich unterrichte Englisch in der Volksschule und in der  Berufsschule, sowie Deutsch in der Hauptschule. Insgesamt unterrichte ich in 7 verschiedenen Klassen. Wie ich mir die Namen von meinen über 200 Schülerinnen und Schülern merken soll, weiß ich echt noch nicht, manche Namen kann ich nicht mal richtig aussprechen. Die fast einheitliche Schuluniform, das häufige Platz-tauschen und die ständig wechselnden Frisuren  der Mädchen machen das Ganze auch nicht leichter.

 

Doch ich möchte euch jetzt meinen gestrigen Tagesablauf beschreiben, damit ihr euch vorstellen könnt, wie ein Schultag bei mir ungefähr abläuft. Um 6:15 Uhr verlassen wir unser Volohaus, um rechtzeitig zur Messe um 6:30 Uhr in der Kirche zu sein. Nach der Messe, die ungefähr um 7:15 Uhr endet, gehts gleich weiter zum „Mot du matin“ mit den Schülern der Volks- und Hauptschule. Dabei wird zunächst an verschiedene Schulregeln erinnert, wie zum Beispiel, dass Kunsthaare und bunter Haarschmuck verboten sind, Schuluniform samt Masche/Krawatte getragen werden MUSS und im Unterricht weder geschlafen noch gegessen werden darf. Anschließend folgt ein gemeinsames Morgengebet, angeleitet von Schülern der älteren Klassen. Nach dem Hissen der kongolesischen Flagge wird noch gemeinsam die Nationalhymne gesungen, danach heißts ab in den Unterricht.

Ich beginne mit einer Englischstunde in der Volksschule. Wir wiederholen bereits gelerntes. Ungefähr fünf Schüler wissen sogar noch, wie man auf Englisch begrüßt und von 1-10 zählt. Die meisten anderen scheinen es schon wieder vergessen zu haben, manche waren zuvor auf einer öffentlichen Schule und haben noch nie Englisch gehabt. Also muss ich sowieso in jeder Klasse von vorne beginnen. Der Alters- und Niveauunterschied macht das Unterrichten nicht leichter, jedoch ist es immer wieder schön zu sehen, wie viel manche schon wissen, beziehungsweise sich in kurzer Zeit gemerkt haben. Mit Hilfe von Bildern versuche ich, ihnen das Lernen leichter zu machen. Zu viel aufschreiben will ich auch nicht, damit ihnen nicht ganz die Freude am Lernen vergeht. Außerdem ist das aufgrund der unterschiedlichen Schreibtempi immer sehr mühsam, während die einen schon fertig sind, sind die anderen erst bei Datum und Überschrift. Zum Schluss der Stunde singen wir noch ein Lied. Vielleicht bleibt ja so was hängen?  Nach der Englischstunde in der Volksschule habe ich Zeit zum Frühstücken. Anschließend muss ich mich auch schon wieder vorbereiten für die Doppelstunde Deutsch in der Hauptschule. Diese Klasse hat noch nie vorher Deutsch gehabt und somit freut es mich, dass mich viele inzwischen auf Deutsch begrüßen können und sich vorstellen können.  Ich erkläre ihnen am Anfang der Stunde, dass die Schularbeit nächste Woche schriftlich und sehr schwer sein wird, wenn sie zu laut sind und nicht aufpassen. Das reicht, dass wir ungefähr eine Stunde in Ruhe arbeiten können. Ich schaffe es sogar, etwas Neues mit ihnen durchzumachen und freue mich, dass einige der Schüler jetzt verstehen, wie man auf Deutsch die Zahlen zwischen 21 und 99 bildet. Doch je länger der Unterricht andauert, umso lauter wirds in der Klasse und umso anstrengender wirds für mich und meine Stimme. Wenns irgendwann gar nicht mehr geht, bin ich dann doch froh, wenn der Hauswart/Schulaufseher Lady vorbeikommt und mal wieder richtig für Ruhe sorgt. Ich würde mir wünschen, dass das sie bei mir auch so schnell leise werden. Doch leider funktioniert das mit dem streng sein noch nicht immer so, wie ich es mir wünschen würde… Nachdem gegen Ende der Stunde der Lärmpegel wieder steigt, erinnere ich sie nochmal an die anstehende Schularbeit und bin froh, das ich mit dem Unterrichten für heute fertig bin. Anschließend hab ich noch kurz Zeit zum Nach- und Vorbereiten des Unterrichts, danach gibts auch schon Mittagessen.

Nach dem Mittagessen verbringe ich Zeit in der Bibliothek und lese gemeinsam mit den Volksschulkindern in Büchern, beziehungsweise betrachten wir eher nur die Bilder. Es macht mir echt Spaß und Freude zu sehen, wie kreativ sich viele der Kinder Geschichten ausdenken. Außerdem lässts mein Leherinnenherz höher schlagen, wenn sie dann doch schon etwas davon verstehen, was in dem Buch auf Englisch geschrieben steht. Leider hab ich dafür aber nicht so lange Zeit, da ich zu einer Lehrerkonferenz in der Berufsschule muss. Nachdem eine gefühlte Ewigkeit über Grundlagen und Prinzipien der Schule, Gehalt der Lehrer, Anzahl und Aufteilung der Schüler diskutiert wird, werden zum dritten Mal die „neuen“ Stundenpläne ausgeteilt, die leider immer noch Fehler aufweisen. Aber es wird sich schon noch ergeben, die Schule hat ja erst vor einer Woche begonnen.

Als die Konferenz dann endlich aus ist, ist es schon später Nachmittag und Lydia und ich beschließen, nach Hause zu gehen. Nachdem wir im ganzen Haus zusammengeräumt und –gekehrt haben (Staub findet man hier immer und überall), bekommen wir noch Besuch von Freunden. Gemeinsam kochen und essen wir Spaghetti. Da wir aber alle am nächsten Tag in die Schule beziehungsweise Arbeit müssen, verabschieden sie sich ungefähr um 21 Uhr. Nun muss ich noch den Unterricht für den nächsten Tag vorbereiten und habe es auch endlich geschafft, wieder einen Blogeintrag zu schreiben, bevor ich um 23 Uhr dann schon fast im Sitzen einschlafe. Nach einer kalten Dusche, wenn ich Glück habe sogar mit fließendem Wasser, sonst nur eine Becherdusche,  bin ich froh, endlich ins Bett gehen zu können, denn am nächsten Tag ist ja wieder um 6:30 Uhr Messe…

 

Ich hoffe, ihr könnt euch nun ein wenig vorstellen, wie ein Schultag bei mir ausschaut. Was wir nachmittags machen, variiert von Tag zu Tag. Wir gehen ins Straßenkinderheim, verbringen Zeit mit Kindern und Jugendlichen aus der Pfarre, müssen zu verschiedenen Besprechungen und Konferenzen oder bereiten uns für den Unterricht vor. Doch darüber werde ich in einem anderen Blogeintrag mehr berichten.

 

Fotos von der Schule hab ich leider noch keine, denn derzeit kann ich mir noch nicht leisten meine Kamera in der Schule auszupacken, da das nur für noch mehr Aufregung und Wirbel sorgen würde. Aber Fotos folgen!

 

Liebe Grüße aus dem inzwischen schon recht heißen, oft verregneten Kongo! 

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Unser Volohaus

Vor ungefähr einer Woche sind meine Mitvolontärin Lydia und ich endlich in das Volontärshaus umgezogen, das ca. 7 Gehminuten von der Pfarre entfernt liegt. In meinem heutigen Blogeintrag möchte ich euch eine kleine Führung durch unser Haus geben, damit ihr euch ein wenig vorstellen könnt, wie wir hier wohnen.

Unser Haus ist für zwei Personen ziemlich groß, vor allem wenn man es mit anderen Häusern in  unserem Viertel vergleicht. Aber unser Haus wäre auch in Österreich für zwei Personen relativ groß.

Durch einen kleinen, staubigen Vorraum kommt man ins eigentliche Haus. Es gibt im Vorraum keine richtigen Fenster, und somit kommen sowohl Staub als auch Lärm von der Straße herein. Das Erdgeschoss besteht aus Wohn- und Esszimmer, einer Küche, einer Toilette und einer Dusche. Unser einziges Waschbecken im Haus ist in der Küche, ein zweites ist hinter dem Haus, es ist durch einen schmalen Gang zwischen den Häusern erreichbar. Durch eine Stiege im Wohnzimmer kommt man in den 1. Stock. Im 1. Stock sind unsere Zimmer, wir haben beide ein eigenes Zimmer, das mit einem großen Bett mit Moskitonetz, einem Schrank und einem Nachtkästchen ausgestattet ist. Bis jetzt haben wir glücklicherweise noch nicht viel von den Moskitos bemerkt. Aber die kommen dann in Massen in der Regenzeit… Die Regenzeit beginnt übrigens gerade, und somit wird es auch nicht  mehr lange dauern bis es richtig heiß wird.

Unser Haus ist echt schön und ich fühl mich darin sehr wohl. Meistens haben wir auch Strom und Wasser. Wir haben jedoch in den letzten Tagen schon gelernt, dass wir duschen gehen sollten, wenn Wasser da ist, und nicht wann wir wollen.

Ich hoffe, ihr könnt euch anhand dieses Blogeintrags und anhand der Fotos ungefähr vorstellen, wie unser Volohaus aussieht.

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Jeden Tag neue Überraschungen...

Nun bin ich schon fast 3 Wochen hier in Pointe-Noire, und erlebe jeden Tag viele schöne und spannende Momente. Ich möchte euch heute ein paar Dinge aufzählen,  die mich bisher überrascht haben, weil ich sie entweder nie erwartet hätte oder weil ich mir dessen einfach nicht bewusst war. Bitte vergesst nicht, dass das alles recht subjektiv ist und dass das nur meine Eindrücke sind!


·         Jeden Tag ist es ziemlich genau 12 Stunden lang hell, das heißt, es wird immer um 18 Uhr schon dunkel.

·         Ich kann das Wasser aus der Leitung trinken, zumindest in der Pfarre.

·         Überall hier ist Sand, in den Häusern und Kirchen genauso wie auf den Straßen.

·         Viele Menschen, auch Erwachsene, lieben es Fotos zu machen, vor allem mit uns Weißen.

·         Die meisten Menschen kennen Österreich, wenn auch oft nur aus dem Geschichtsunterricht als Österreich-Ungarn.

·         Es gibt so gut wie keine Mistkübel, der ganze Müll wird verbrannt.

·         Fast alle Mädchen und Frauen hier haben Kunstfrisuren und falsche Haare, weil es vor allem unter den Jugendlichen gar nicht angesagt ist, seine natürlichen Haare zu haben.

·         Hier in der Pfarre leben Katzen und eine Ziege (aber ich glaub die wird bald gegessen), die zwar sehr schreckhaft sind, aber von den Pères liebevoll gefüttert werden.

·         In Bussen, die in Österreich ungefähr für 9 Personen gedacht wären, finden auch mal 22 Menschen ihren Platz.

·         Es gibt so gut wie immer entweder Fleisch oder Fisch zum Essen, zumindest in der Pfarre.

·         Es gibt nur Milchpulver, und Käse ist etwas sehr seltenes und teures.

·         Viele Menschen können nicht schwimmen, obwohl Pointe-Noire am Meer liegt.

·         Jeder spricht mindestens 3 Sprachen, oder behauptet zumindest, sie zu sprechen. So gibt es am Sonntag Messen in 4 verschiedenen Sprachen (Munukutuba, Französisch, Englisch, Latein).


Prinzipiell sind wir gerade immer noch in der Einleb-Phase, und sind dabei die verschiedenen Bereiche und Projekte der Pfarre kennenzulernen. Wenn euch interessiert, was wir zur Zeit machen und unternehmen, kann ich euch den Blog von meiner Mitvolontärin Lydia empfehlen, die hat dazu schon mehr geschrieben: lydia-kongo.jimdo.com.


Hier sind noch ein paar Fotos von den letzten Tagen:

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Erste Eindrücke von Pointe-Noire

Heute vor einer Woche, am 18. August, sind meine Mitvolontärin Lydia und ich müde und erschöpft von der langen Reise, endlich in Pointe-Noire angekommen. Die ersten Tage verbrachten wir großteils gemeinsam mit unserer Vorgängerin Mirijam und ihren Freunden hier, die uns vieles von Pointe-Noire zeigten. Wir besichtigten Fond Tié-Tié (das Viertel in dem wir wohnen), hier ist immer was los, es ist laut und bunt. Die Straßen sind voll mit Taxis und Bussen, das Überqueren der Straße ist für uns deswegen nicht immer so leicht. Außerdem waren wir schon im Stadtzentrum, wo es auch Cafes, Restaurants und Geschäfte gibt, die mit europäischen Standards und Preisen vergleichbar sind. Wir waren schon ein paar Mal am Strand, was eine schöne Auszeit zum Fond Tié-Tié ist, wo nie Ruhe herrscht.


Zurzeit wohnen wir in einem Zimmer in der Paroisse (Pfarre) Saint Jean Bosco, um das Projekt, die Pères, die Mitarbeiter und das Leben hier kennenzulernen. In ein paar Wochen werden wir dann in unser eigenes Häuschen in der Nähe der Paroisse ziehen.
Als Weiße bekommen wir immer sehr viel Aufmerksamkeit, ständig schauen uns Menschen nach oder wir hören „Mundele, mundele“ (Weiße).
Mein Französisch ist derzeit noch nicht so gut wie ich es mir wünschen würde, manchmal komme ich mir ziemlich hilflos vor wenn ich überhaupt gar nichts verstehe. Es ist vor allem schwierig wenn viele Menschen durcheinander oder sehr schnell reden.
Derzeit ist hier Trockenzeit, das heißt, es hat jeden Tag etwa um die 20°C, es regnet nie, dafür ist es fast immer bewölkt und man sieht die Sonne sehr selten.

 

Die letzten drei Tage verbrachten wir gemeinsam mit ca. 70 Jugendlichen aus Brazzaville und Pointe-Noire, mit dem Mouvement Salesiens de Jeunes. Wir sangen, spielten und beteten gemeinsam, außerdem hatten wir Lerneinheiten über die Arbeit mit Jugendlichen, Don Bosco oder religiöse Themen. Das MSJ fand anlässlich des 200. Geburtstags Don Boscos statt, der Geburtstag wurde natürlich auch gebührend gefeiert.

 

In nächster Zeit werden wir die Stadt weiter erkunden, hoffentlich unsere Französischkenntnisse verbessern und vielleicht auch einen Munukutuba (örtliche Sprache) Kurs machen. Es gibt hier im Projekt nämlich derzeit nur wenig für uns zu tun, da noch Ferien sind. Mitte September werden wir voraussichtlich gemeinsam mit den Kindern aus dem Projekt auf ein Ferienlager fahren. Aber hier ist vieles sehr spontan, auch das „wann muss man wie viel zu spät kommen“ müssen wir noch lernen. ;-)

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Intensive Vorbereitung

Alles begann vor etwas mehr als einem Jahr, als ich meine Bewerbung abschickte und anschließend an einem Informations- und Auswahltag teilnahm. An diesem Tag verstärkte sich mein schon lange vorhandener Wunsch, ein Volontariat zu machen. Im Herbst 2014 begann die intensive Vorbereitungszeit. Sie erstreckte sich über ein halbes Jahr und umfasste drei Wochenenden und eine Woche, in der wir, 17 zukünftige Volontäre, uns in Wien trafen. Geplant, gestaltet und durchgeführt wurde die Vorbereitung von fünf ehemaligen VolontärInnen und Mitarbeitern von Volontariat Bewegt. Wir sprachen über unsere Motivation und unsere Ängste, lernten mit Spaß und Spiel Don Bosco genauer kennen und beschäftigten uns mit Herausforderungen, Höhen und Tiefen eines Volontariats. Außerdem wurden uns durch Vertreter verschiedener Organisation Begriffe wie Entwicklungszusammenarbeit und interkulturelle Kommunikation nähergebracht. Den Abschluss der Vorbereitungszeit bildete die Sendungsfeier, bei der auch unsere Familien und Freunde die Organisation kennenlernen durften und ein bisschen Volontariatsluft schnuppern konnten.
Danke an jeden, der dazu beigetragen hat, dass die Vorbereitungszeit so eine geniale Zeit war‼!

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